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Fast verheiratet

Für die meisten Menschen stellt alleine der Gedanke an eine Traumhochzeit den Höhepunkt des gemeinsamen Beziehungslebens dar - ein Teil der menschlichen Bevölkerung bekommt jedoch auch unangenehme Gänsehaut angesichts des enormen Kitsches und des unnachahmlichen Stresses bei einer solch romantischen Veranstaltung. Ich gehöre, und das gebe ich hier offen zu, zur letzteren Fraktion, kann mit all diesem überhypten Weddingkram wenig anfangen. Das heißt aber nicht, dass ich romantischen Komödien, die gerade eine Hochzeit oder eben auch die Planung einer solchen in den Fokus stellen, nichts abgewinnen kann - sind sie gut gemacht, kann ich mich auch im Kitsch verlieren. Und glücklicherweise ist "Fast verheiratet" dann auch solide genug gelungen, um trotz aller Schwächen noch einigermaßen positiv aus der Sache herauszugehen.

FAST VERHEIRATET


Glücklicher könnte ein Pärchen kaum sein: Tom Solomon (Jason Segel) macht seiner geliebten Violet Barnes (Emily Blunt) endlich einen Heiratsantrag, die Familien und Freunde beider Partner sind hocherfreut. Als Violet jedoch ein Jobangebot erhält, welches das Pärchen weg aus San Fransisco und hinein ins wesentlich dörflichere Michigan ziehen soll, und das für ganze zwei Jahre, sind die Hochzeitspläne dahin - sie wollen warten, bis sie wieder gemeinsam in der Heimat sind. Aus diesen Planungen wird jedoch tatsächlich auch nichts und während Violet die Karriereleiter heraufsteigt, entfachen sich in Tom erste Zweifel. Ist er überhaupt glücklich, wenn er sich so aufopfern muss? Wie soll er sich noch um seine eigenen Ziele kümmern? Und ist Violet wirklich die Frau, mit welcher er den Rest seines Lebens verbringen will?

Die Ausgangssituation ist nicht zu originell, aber durchaus spaßig: Eine geplante Hochzeit wird immer und immer wieder wegen den beruflichen und persönlichen Zwischenspielen der Protagonisten verschoben, bis irgendwann sogar die Beziehung selbst in rostigen Angeln hängt. Durch clevere Einspieler, die den Protagonisten immer wieder mitteilen, dass es eben schlecht ist, jahrelang verlobt zu sein und die Hochzeit immer weiter aufzuschieben, entstehen ein paar treffsichere Running Gags. Familienmitglieder sterben, ohne Violet und Tom noch vor dem Altar zu sehen, um die beiden herum heiraten Freunde und dann sind sogar im näheren Bekanntenkreis Kinder unterwegs... während Tom und Violet, die eigentlich die ersten mit solchen Plänen waren, noch immer in einer Verlobung stecken. 
Die von Judd Apatow produzierte Romantic Comedy streckt die Handlung erneut auf über zwei Stunden, was natürlich ein wenig zu lang ist - gerade im Mittelteil zieht sich "Fast verheiratet" doch recht deutlich, was auch an der allgemein eher bescheidenen, weil etwas zu laschen Gag-Quote liegt. Immerhin weicht man diversen Fäkalwitzchen aber gekonnt aus und konzentriert sich, mit gelegentlichen Ausflügen zum harmlosen Slapstick, lieber auf die miteinander harmonierenden Darsteller. Da muss dann eben nicht immer ganz laut gelacht werden, es reicht auch mal ein kleines Schmunzeln, um sich wohl zu fühlen, da Sitcom-Star Jason Segel und die ansonsten ja auch mal in "größeren" Filmen zu sehende Emily Blunt hier wirklich ganz prächtig zusammenarbeiten und ein weitestgehend glaubwürdiges Paar abgeben. 
Wir begleiten beide durch Höhen und Tiefen einer recht normalen Beziehung, als Identifikationsfiguren funktionieren beide sehr ordentlich - sie sind sympathisch, machen aber auch Fehler, was ihnen durchaus Menschlichkeit verleiht. Das hilft dann zwar nicht über manch eine Länge hinweg und man hätte einige Lebensstationen auch aussparen oder zumindest kürzer fassen können, aber immerhin langweilt man sich nie ernsthaft. Hilfreich ist dabei auch ein spielfreudiges Ensemble an Nebendarstellern, die sich gegenseitig die Klinke in die Hand drücken: Chris "Star-Lord" Pratt, Stand-Up-Comedian Kevin Hart, die oscarnominierte Jacki Weaver, "Fifty Shades of Grey"-Star Dakota Johnson und sogar der ohnehin immer gute Rhys Ifans - es macht Spaß, all die bekannten Gesichter in großen und kleinen Rollen zu entdecken. 
Mit einem ebenso zuckrigen wie durchaus rührenden und temporeichen Schlussakt schließt man dann auch mit den engstirnigsten Zuschauern Versöhnung, die vorher das ein ums andere Mal ungeduldig auf die Uhr sahen. Das geht dann also alles schon wirklich in Ordnung und macht soweit auch Spaß - für seine nächsten Filme sollte Produzent Apatow aber vielleicht auch mal den Mut haben, einfach fünfzehn Minuten weniger zu machen. Das wäre dann nämlich auch wirklich in Ordnung.

Fazit: Süße romantische Komödie mit spielfreudigem Ensemble, nettem Slapstick und harmlosem Humor. Mit zwei Stunden ist das deutlich zu lang, dennoch gibt es immer wieder rührende und spaßige Highlights. Kein großer Wurf, aber ein solider Zeitvertreib, romantisch und nett.

Note: 3




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