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Das perfekte Geheimnis

Jeder Mensch definiert die eigene Grenze seiner Privatsphäre anders. Für mich käme es beispielsweise gar nicht in Frage, dass jemand anderes als ich selbst einfach ungefragt meine Sachen durchwühlt oder in mein Handy guckt. Nicht, weil ich dort schockierende Dinge zu verbergen oder Leichen zu verstecken habe, sondern weil es einfach ums Prinzip geht: Es ist mein Leben und ich entscheide selbst, was ich wann mit wem teile. Das denken übrigens auch die Protagonisten in dem neuen deutschen Mega-Komödien-Hit "Das perfekte Geheimnis" und vielleicht hätten sie einfach mal darauf verzichten sollen, ihr Handy mit jedem ihrer Freunde zu teilen, dann wäre ihnen eine ganze Menge Stress erspart geblieben. Dem Zuschauer hätte man damit aber auch ungemein viel Spaß und einen der lustigsten, wenn auch hin und wieder schwächelnden, deutschen Filme der letzten Monate vorenthalten, denn genau das ist der Film von Bora Dagtekin nun geworden!

DAS PERFEKTE GEHEIMNIS


Es sollte ein ganz normaler, entspannter Abend unter Freunden werden: Abendessen, ein paar Flaschen Wein, Quatschen, Lachen und Anekdote austauschen. Doch der Abend nimmt eine Kehrtwende, als die Therapeutin Eva (Jessica Schwarz) ihren Freunden und ihrem Mann Rocco (Wotan Wilke Möhring) vorschlägt, man könne doch für den gesamten Abend alle Handys auf den Tisch legen, um anschließend sämtliche Nachrichten, die reinkommen, laut vorzulesen und alle Anrufe auf Lautsprecher zu stellen. Begeistert sind die beiden anderen Pärchen, bestehend aus Karrierefrau Carlotta (Karoline Herfurth) und ihrem Freund Leo (Elyas M'Barek) sowie Simon (Frederick Lau) und der wesentlich jüngeren Bianca (Jella Haase) anfangs nicht und auch der ohne Begleitung aufgekreuzte Pepe (Florian David Fitz) weiß nicht, was er davon halten soll... und dann ist die Neugier plötzlich doch groß, als das erste Handy klingelt.

Nach dem wahnsinnig unterhaltsamen Trailer und einer Ausgangssituation, die ja förmlich nur danach schreit, ein komödiantisches Kammerspiel der Extraklasse zu entwerfen, habe ich mich wahnsinnig auf "Das perfekte Geheimnis" gefreut... und da war ich nicht der einzige. Der Kinosaal war bis auf ganz wenige Plätze vollkommen gefüllt und die Stimmung war mehrheitlich gut - gemeinsam lachen macht natürlich noch mehr Spaß als alleine. Ob es nun am Publikum oder generell an der Qualität des Films lag, die mich zwei Stunden lang so stark unterhalten hat, lässt sich schwer einschätzen, doch sicherlich kann man sagen, dass die Macher rund um "Fack ju Göhte"-Regisseur Dagtekin sehr viel aus der Ausgangssituation rausholen. 
Dass es dabei ein Drama nach dem anderen gibt und sich jeder der sieben Menschen am Tisch früher oder später mit einem Geheimnis konfrontiert sieht, dass er oder sie lieber für sich behalten hätte, ist klar. Mit der Logik muss man es dabei dann nicht so genau sehen, denn dass all diese Menschen im klaren Wissen, dass sie definitiv noch eine verheerende Nachricht erhalten könnten (oder sogar werden) bereitwillig ihr Handy in die Hände der Freunde legen, wirkt etwas konstruiert. Auch, dass das Spiel nicht abgebrochen wird, nachdem bereits Beziehungen auf der Kippe stehen und der gesamte Abend ruiniert wurde, wirkt etwas deplatziert, aber das ist nun mal die Ausgangssituation und die muss man dann eben so schlucken... und wenn sie so unterhaltsam dargestellt wird wie hier, ist das auch kein Problem. 
Tatsächlich vergehen die zwei Stunden, ein paar winzigen Längen im Mittelteil zum Trotz, wie im Flug und Dagtekin hat immer wieder ein neues Ass im Ärmel, um den Plot trotz des enorm eingeschränkten Spielraums immer wieder temporeich zu gestalten. Sei es, weil eine neue Nachricht reinkommt, eine neue Beziehung ausdiskutiert werden muss oder weil er plötzlich mit einigen hervorragend getimten Dialogspitzen und Running Gags um die Ecke kommt. Generell ist die Gag-Qualität angesichts der Masse an Witzen enorm hoch und dass man sich hier um nicht müden Slapstick oder infantilen Fäkalhumor müht, ist mehr als erfreulich. Stattdessen entsteht der Humor durch die ausgezeichnet geschriebenen Dialoge und besonders noch einmal durch das frische Zusammenspiel der Darsteller. Die hier aufgetriebenen Stars, allesamt hochdatierte Schauspieler im Bereich des deutschen Hitkinos, lassen sich schon einmal sehen und gut sind sie alle. 
Zu leiden hat höchstens "Vielmachglas"-Star Jella Haase, deren Charakter hier etwas zu klischeehaft angelegt ist. Dafür ragt überraschenderweise Wotan Wilke Möhring heraus, denn der agiert hier nicht nur als Stimme der Vernunft, sondern legt in einigen Schlüsselszenen auch ein derart herausragendes Comedy-Timing an den Tag, dass er allein schon für einige der besten Gags verantwortlich zeichnet - bei einigen seiner Reaktionen lag ich beinahe unterm Sessel. Das gilt in vielen Momenten aber auch für Karoline Herfurth, Jessica Schwarz, "Die Welle"-Star Frederick Lau und auch ganz besonders noch einmal für Fitz und M'Barek. Allen ist die ungeheure Spielfreude anzumerken und man möchte beinahe rufen, dass eben dieses Team doch bitte noch mehrere Komödien miteinander drehen soll, wenn sie dann immer noch so hervorragend miteinander harmonieren. Angesichts des hohen Tempos, der allgemein hohen Qualität der Gags und dieser enormen Spielfreude aller Beteiligten verzeiht man dem Film dann auch ein paar Überzeichnungen im letzten Akt sowie ein etwas unbefriedigendes, ungelenkes Ende. Bis dahin hat man nämlich so dermaßen viel Spaß gehabt, dass man die unübersehbaren Schwächen locker abhaken kann.

Fazit: Eine herrlich simple Ausgangssituation sorgt hier für ein ungemein witziges Kammerspiel, welches zuvorderst mit hoher Gagdichte und starkem Tempo sowie ganz besonders den enorm spielfreudigen Schauspielern glänzt. Trotz unangenehmer Überzeichnungen gegen Ende und manch eines tumben Klischees ist das hier witzige und hervorragend gespielte Kinounterhaltung!

Note: 2-






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