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The King (2019)

Originale Filme, die von dem Streaminggiganten Netflix produziert werden, haben noch immer nicht den besten Ruf. Ausgenommen sind dabei selbstverständlich Filme, die nicht von Anfang an von diesen begutachtet wurden, sondern erst später zu diesem kamen, beispielsweise weil die Studios für eine Kinoauswertung plötzlich doch noch kalte Füße bekamen - so konnte Netflix sich beispielsweise auch die Rechte an "Auslöschung" oder Andy Serkis' "Mogli"-Verfilmung sichern, welche Qualität und Anspruch aufzeigten. Doch wenn man an die wirklichen Originale denkt, kommen einem da immer noch Flops wie die furchtbaren "Mute" oder "The Cloverfield Paradox" in den Sinn und das sind wahrlich keine schönen Erinnerungen. "The King" kann in dieser Hinsicht leider auch keine neuen Punkte sammeln, denn der seit einigen Tagen auf Netflix anschaubare Historienschinken scheint für den Streamingdienst einfach eine Nummer zu groß gewesen zu sein...

THE KING


Zu Beginn des 15. Jahrhunderts: Hal (Timothee Chalamet) ist der älteste Sohn des derzeitigen Königs von England, Henry IV. (Ben Mendelsohn) und hätte, nun, da der König schwer erkrankt ist, das Vorrecht auf den Thron. Hal selbst hat auf solcherlei Dinge aber keine Lust, hat sich schon vor längerer Zeit in die Dörfer abgesetzt, um ein Leben im Volk zu leben. Als Henry jedoch dem Tode geweiht ist, muss Hal seine Pflicht antreten, obwohl das weder Vater noch Sohn schmeckt. England selbst fürchtet sich vor einer neuen, gänzlich anderen Herrschaft, befürchtet auch, dass der im Volk aufgewachsene Hal nicht stark genug sei, um das Land gegen die aufbegehrenden Franzosen zu führen. Doch der junge König zeigt schon früh, dass man ihn nicht unterschätzen sollte und beweist mit Köpfchen und Taktik, dass er England führen kann... auch wenn seine Mannen es ihm dabei nicht leicht machen.

Nein, das war schon wieder nichts. Regisseur David Michod und die Brad Pitt zugehörige Produktionsfirma Plan B haben schon zwei Jahre zuvor für Netflix gearbeitet und ihre dröge Kriegssatire "War Machine" zeigte schon damals, dass Netflix-Originale definitiv richtig ins Auge gehen können. Mit "The King" liefern sie nun einen Film ab, der nun auch nicht wirklich besser ist als das, was man zuvor in einem anderen Genre ablieferte und sich zugleich auch noch an turmhoher Konkurrenz und klassischen Vorbildern messen lassen muss, gegen die man ohnehin eigentlich nur verlieren konnte. Orientieren tut man sich hier nämlich an Shakespeare, wobei die hier dargelegten Dialoge aber nicht einmal ansatzweise spüren lassen können, was der große Meister vor Jahrhunderten zu Papier bringen konnte. Da ist das hier wirklich nur noch ein richtig lahmer Abklatsch. 
"Lahm" trifft dann leider auch auf den Film an sich zu, denn der erzählt seine Geschichte nur ausgesprochen langsam und ungemein dröge, sondern kann darüber hinaus auch keinerlei Akzente setzen, die für das Genre an sich irgendwie frisch sein könnten. Zu Beginn freut man sich noch über die Darstellung des brillanten Timothee Chalamet, der seit seinen Auftritten in den oscarprämierten "Call Me By Your Name" und "Lady Bird" ja als einer der ganz großen Newcomer in Hollywood gilt. Wie er hier als Jungspund auftritt, der mit Cleverness und zischenden Worten bereit ist, das ganze Königshaus abzuweisen, das hat schon etwas und wenn er dann schließlich auf dem Thron Platz nehmen muss, ist man immer noch erwartungsfreudig - das könnte gar richtig bissig werden, wenn sich hier mal ein ganz anderer König aufschwingt, um Krieg und Frieden zu spielen. Genau diesen Pfad schlägt "The King" im weiteren Verlauf aber nicht ein und versinkt schließlich im altbekannten Einerlei des Genres. 
Da wird viel gequatscht, oftmals auch lang und zäh um den heißen Brei. Und natürlich gibt es Verräter hier und da, der junge König kämpft darum, ernstgenommen und schließlich auch respektiert und gar gefürchtet zu werden. Weil wir solcherlei Konflikte und Plots schon etliche Male gesehen haben und Michod diesen in seiner behäbigen, risikoarmen Inszenierung auch keinen Schwung verleihen kann, langweilt man sich dank flacher Charaktere und einer kaum aus den Puschen kommenden Handlung sehr schnell. Ab der Halbzeit darf dann auch noch der oftmals so großartige, hier aber vollkommen wirr chargierende Robert Pattinson auftreten, der in seinem Part als strippenziehender Antagonist nur unfreiwillig komisch wirkt und diesem ganzen, fürchterlich ernstgemeinten Schinken noch die Krone aufsetzt. 
Und selbst die finale Schlacht will nicht so wirklich packen, erinnert in ihrer realistisch angehauchten Darbietung zwar an die Schlacht der Bastarde aus der sechsten "Game of Thrones"-Staffel, ohne aber ihre ungemeine Intensität zu erreichen. Und selbst optisch macht "The King" erstaunlich wenig her, da die Settings niemals die Ausstrahlung von Studiobauten abstreifen können, seltsam künstlich und steril wirken. Es mag Hardcore-Fans des Genres geben, die an dem Film noch ihre Freude finden dürften, doch auch die müssten eigentlich im Sammelsurium der Streamingnetzwerke wesentlich effektivere, spannendere und nützlichere Alternativen finden. Für alle anderen ist "The King" eine 140 Minuten lange Geduldsprobe ohne wirkliche Tiefe, langatmig und ohne echten Schliff.

Fazit: "The King" ist ein überlanges Epos, welches an seinen eigenen Belangen scheitert. Die Charaktere sind farblos und unsympathisch, die Handlung langatmig und ohne stimmige Dramaturgie und selbst die Inszenierung bleibt blass, manchmal gar fahrig. Unter den Schauspielern sticht Timothee Chalamet ansonsten solide hervor, ohne an seine vorigen Meisterleistungen im Kino anknüpfen zu können.

Note: 4-




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