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Le Mans 66 - Gegen jede Chance

Dass ich aktuelle Kinofilme nun nur noch sehr selten direkt am Starttag sehen kann, um euch anschließend übers Wochenende darüber zu berichten, wollte ich schon eher mitteilen. Tatsächlich befinde ich mich momentan mitten in den Proben für ein musikalisches Theaterstück, welches ab Dezember auf Tournee gehen wird - Zeit, um ins Kino zu gehen, werde ich sicherlich noch finden, nur eben wesentlich seltener als zuvor und definitiv auch nicht mehr up to date. Gestern ergab sich spontan die Gelegenheit für zwei rasche Kinobesuche, weswegen ich mir die beiden größten Starts der letzten Woche zu Gemüte führen wollte. Auf "Le Mans 66" freute ich mich dabei ganz besonders, versprach ich mir hier doch angesichts der starken Hauptdarsteller und des interessanten Settings einen ebenso rasanten wie emotionalen Sportfilm. Den habe ich auch bekommen...

LE MANS 66 - GEGEN JEDE CHANCE


Carroll Shelby (Matt Damon) ist ein ehemaliger Rennfahrer und hat sich mittlerweile auf das Bauen von Autos fixiert - dabei unterstützt er auch den Rennfahrer Ken Miles (Christian Bale), der in kleineren Rennen erfolgreich an den Start geht, aufgrund seiner emotionalen Ausbrüche und des ständigen Verstoßens gegen Regeln einen zweifelhaften Ruf genießt. Nun wird Shelby vom Autohersteller Ford und seinem direkten Vorgesetzten Henry Ford II (Tracy Letts) angeheuert - er soll für den "Le Mans" ein Auto zusammenschrauben, welches es im direkten Duell mit dem Spitzenreiter Ferrari aufnehmen und das Rennen gewinnen kann. Shelby will auf Miles als Fahrer setzen, womit sich die Führungsriege von Ford jedoch nicht einverstanden zeigt... bevor also überhaupt gefahren wird, müssen erstmal die genauen Bedingungen ausgehandelt werden, wobei beide Seiten nicht immer mit korrekten Mitteln in den Ring ziehen.

In den USA wurde der Film recht schlicht "Ford vs Ferrari" betitelt - der deutsche Titel ergibt angesichts des im Fokus stehenden, vierundzwanzigstündigen Rennens aber dennoch Sinn und wurde in Amerika wohl nur nicht genutzt, da viele dort den Namen "Le Mans" nicht kennen dürften. Darüber hinaus dürfte aber wohl jeder seine Freude haben, der für Rennsport nur im Entferntesten eine Begeisterung mitbringt... und auch all diejenigen, die sich davon nicht ansprechen lassen, werden einen durchweg überzeugenden Film sehen. Tatsächlich kann ich mit dem Autorennsport nämlich so ziemlich gar nichts anfangen und konzentriere mich bei Filmen wie diesen auf die emotionale Komponente, was bei "Rush" vor sechs Jahren hervorragend funktionierte. 
Und das funktioniert auch hier, auch wenn wir über die Hauptfiguren im direkten Vergleich weniger erfahren und ihre persönlichen Hintergrundgeschichten nun auch nicht so aufregend oder originell sind, dass man sie als packend bezeichnen will. Viel aufregender ist dabei der Kampf, den Autohersteller Ford ausfechtet und wie Shelby und sein Team hier immer neue Ideen finden, das Auto zu entschlacken und die Geschwindigkeit zu erhöhen, das kann sich durchaus sehen lassen. Als jemand, der sich für Autos noch weniger interessiert als für höhere Mathematik, habe ich natürlich viele Fachbegriffe nur mit einem Achselzucken aufnehmen können, der Geschichte lässt sich trotz dem Fokus auf allerlei technische Details aber locker folgen und den Spaß verdirbt es auch nicht, wenn man in manchen Dialogen nun nicht jedes Wort versteht. 
Das liegt daran, dass der im Zentrum stehende Konflikt auch immer wieder auf eine menschlichere und damit nachvollziehbare Ebene heruntergebrochen wird. In diesem spielt Ferrari selbst gar keine so große Rolle mehr, stattdessen gibt es internen Krach. Diese Konflikte werden mit leisem Humor und starken Dialogzeilen gewürzt, sodass trotz einiger Längen im Mittelteil niemals ernsthafte Langeweile aufkommt. Und wer sich für solcherlei Plots dann doch nicht so sehr interessiert, der kann sich an einer mal wieder brillanten Performance von "The Big Short"-Star Christian Bale orientieren. Im direkten Vergleich mit Co-Star Matt Damon hängt Bale diesen deutlich ab, was aber auch an seiner interessanteren Figur und den deutlich elektrisierenderen Szenen liegt. Damon selbst agiert ruhig, beinahe passiv, leuchtet in den gemeinsamen Szenen mit Bale als ruhender Pol jedoch immer wieder auf. 
Ein großes Extralob verdient sich neben den beiden aber auch "Homeland"-Star Tracy Letts, der als Vorsitzender des Autoherstellers Ford mit stoischer Miene und herrlicher Strenge wacht - allein sein erster Auftritt, wenn er mit starrer Miene einem Vortrag lauscht, ist Gold wert. Mehr gesehen hätte ich hingegen gerne von Jon Bernthal, der ebenfalls glänzend aufgelegt ist, im weiteren Verlauf aber immer weniger Momente bekommt, um angemessen zu glänzen. Später rückt nämlich erneut vermehrt Bale's Ken Miles in den Vordergrund und pünktlich zum Showdown bekommen wir eine halbe Stunde lang Racing-Action vom Feinsten geboten. Regisseur James Mangold überzeichnet dabei nicht, fängt die Rennszenen aber mit angemessener Rasanz und einer schier grandiosen Kamera ein. Der Überblick geht nie verloren, die Dynamik in diesen brillant komponierten Szenen ist eine ganz eigene und zieht einen förmlich ins Geschehen hinein. Das treibt den Adrenalinpegel immer wieder nach oben und entschädigt für den ansonsten teilweise etwas zu kühlen Ton des Films, der uns zu selten richtig in die Gefühlswelt der Charaktere eintauchen lässt.

Fazit: Trotz zweieinhalb Stunden Laufzeit ist "Le Mans 66" ein fast durchgehend flotter, herausragend gespielter und ziemlich spannender Sportfilm geworden. Das Werk besticht durch Humor, clevere Dialogzeilen und eine starke Dynamik in den Actionszenen, die einige Längen und teils fehlende Tiefe locker ausgleichen.

Note: 2-






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