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Last Christmas

Wenn es darum geht, gewisse... nun ja... Dinge zu verfilmen, ist in Hollywood nichts mehr unmöglich. Bücher und Videospiele sind ein alter Hut, das macht inzwischen jeder. Mittlerweile gab es gar Verfilmungen von Freizeitparkattraktionen, Brettspielen, Spielfiguren und Plüschtieren. Und mit dem "Lego"-Franchise sowie dem zuletzt im Sommer so herrlich gefloppten "Playmobil" haben es auch Bauklötzchen geschafft, die Kinoleinwände zu erobern. Und nun folgt also die Verfilmung eines Songs, wie auch immer das dann so wieder gehen soll. Dafür hat man sich nun den wohl bekanntesten Weihnachts-Popsong aller Zeiten besorgt, den wirklich jeder von uns mindestens mitsummen kann und das dürfte zumindest die Werbemaschinerie antreiben. Doch reicht eine solch clevere Marketing-Idee im Kern denn auch für einen guten Film? Vielleicht nicht immer, möchte man sagen, aber bei "Last Christmas" funktioniert das Drumherum erstaunlich gut...

LAST CHRISTMAS


London, 2017: Die sechsundzwanzigjährige Katarina (Emilia Clarke), die jedoch lieber Kate genannt werden will, genest nach einer schweren Krankheit, hat im Job und im Leben jedoch kein Glück. Mit ihrer Familie hat sie sich zerstritten und Freunde wollen sie auf ihrer Couch nicht mehr beherbergen, da sie dazu neigt, ein heilloses Chaos in diversen Wohnungen anzurichten. Und auch den Job im Weihnachtsgeschäft der strengen Santa (Michelle Yeoh) hat Kate eigentlich total satt... bis sie eines Tages, zur Vorweihnachtszeit, den charmanten Tom (Henry Golding) vor dem Geschäft antrifft. Seine Annäherungsversuche lehnt Kate erst schlecht gelaunt ab, doch dann erliegt sie seinem Charme und lässt ihn in ihr Leben. Dabei lernt sie einige Dinge, die sie ihr eigenes Leben mit anderen Augen sehen lässt...

Trotz der stargespickten Besetzung waren meine Erwartungen nicht sonderlich hoch, roch das Ganze doch nach einer Mogelpackung, die clever mitten im November platziert wurde, um so langsam durch die Vorweihnachtszeit zu laufen, bis die Leute im Dezember in der richtigen Stimmung sind, um sich dem Film zu widmen - Langläuferqualitäten dürfte man "Last Christmas", der bereits im Trailer überdeutlich auf allen Tonspuren mit dem Klassiker von George Michael warb, also mehr als nur zutrauen. Nach rund 100 Minuten war ich aber durchweg positiv überrascht, als der Abspann schließlich lief, ist es dem Film doch hervorragend gelungen, mich auf mehreren Wegen abzuholen und zu unterhalten. Er ist witzig, recht weise, etwas kitschig (aber nie zu arg), emotional, aufbauend und noch dazu ziemlich erfrischend. Nichts daran ist in irgendeiner Form besonders und der letzte Kniff, den der Plot gegen Ende angeht, ist ziemlich mau geschrieben und man hätte ihn in solch einer aufdringlichen, bemühten Form wohl auch gar nicht gebraucht. 
Ansonsten ist "Brautalarm"-Regisseur Paul Feig aber ein sehr sympathischer Film gelungen, der vor allem in der ersten Hälfte mit viel Charme und Humor leuchtet. Das liegt besonders an Hauptdarstellerin Emilia Clarke, deren sympathisch-unbeholfene Tollpatschigkeit Feig hier konstant ablichten kann, ohne dass diese Show zu bemüht wirkt. Quirlig, etwas tapsig, dabei aber nicht schwachsinnig: Clarke beweist erneut absolut großartiges Comedy-Feeling und wo manche Zuschauer sie für ihre Performance in der Mega-Serie "Game of Thrones" kritisierten (was ich nie nachvollziehen konnte), sollten sie hier zugeben, dass sie im Komödienfach dank ihrer leichtfüßigen Art sehr gut aufgehoben ist. Ein Großteil der Gags, die sich zum Glück niemals in blödsinnigen Fäkalhumor verirren, funktioniert dank der schön geschriebenen Screwball-Dialoge und einiger knackiger Slapstick-Momente erstaunlich gut - in den ersten fünfzig Minuten hatte ich zumindest durchweg ein Grinsen auf dem Gesicht, habe mehrfach auch lauter gelacht. 
In der zweiten Hälfte verliert "Last Christmas" diesen Biss etwas, auch wenn er in Einzelszenen immer wieder auf Touchfühlung kommt und seine sympathischen Stars passend in Stellung bringt. Der romantische Plot rückt zu dieser Zeit in den Fokus, was etwas schade ist, da dieser trotz einiger interessanter Pfade reichlich zahnlos abläuft. Wesentlich interessanter ist da schon der Weg zu einer besseren Lebenseinstellung seitens Kate und auch wenn man hier durchaus mal das Kitsch-Warnschild hochhalten darf, so sind diese einzelnen Momente durchweg so herzerwärmend und charmant, dass man einige etwas klischeehafte Phrasen gerne schluckt. 
Und wem das nicht so recht gelingen mag, der darf sich an einem durchweg sympathischen Ensemble an mal mehr, mal weniger namhaften Nebendarstellern sattsehen, dem hübschen Soundtrack lauschen oder eben einfach Emilia Clarke zusehen, die fast immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat und diesen auch gerne flötend loslässt. Besonders stark sind dabei ihre gemeinsamen Szenen mit "Guardians of the Galaxy"-Star Michelle Yeoh - hier begegnen sich zwei Frauen, die sich im Comedy-Genre offenbar sehr wohl fühlen, so kongenial auf Augenhöhe, dass das Zwerchfell immer wieder beansprucht wird. Der letzte Kniff schiebt "Last Christmas" dann ganz klar in Richtung eines Dramas und trotz der leichteren Atmosphäre hat man solcherlei Bezüge immer wieder wahrgenommen, was den Film dann auch über den Durchschnitt der Weihnachtskomödien hinaushebt. Und eine wirklich schön verpackte Message, die hier clever ausgespielt wird, gibt es noch oben drauf. "Look Up". Ja, das sollten wir vielleicht wirklich mal öfters tun.

Fazit: "Last Christmas" ist eine erstaunlich warmherzige Liebeskomödie, die später eher in Richtung Drama ausschlägt, sich seine charmante Leichtfüßigkeit in den flotten Dialogen aber durchweg bewahrt und somit amüsiert. Herrlich agiert Emilia Clarke, die in Komödien offenbar sehr gut aufgehoben ist und mit trockenem Humor und erfrischender Tapsigkeit vollends überzeugt.

Note: 2-




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