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Die Piratenbraut

Beinahe hätten wir eine der (meiner Meinung nach) besten Filmreihen aller Zeiten niemals gesehen. Denn der erste Teil der mittlerweile auf fünf Filme aufgestockten "Fluch der Karibik"-Reihe war ein gigantisches Wagnis: Piratenfilme galten im Jahr 2003 noch immer als absolutes Kassengift und Grund dafür war einer der größten Kinoflops der Filmgeschichte aus dem Jahr 1995. "Die Piratenbraut" sollte das Thema zurück auf die große Leinwand bringen, floppte bei großem Budget aber so dermaßen haltlos, dass Jahre danach niemand mehr Seeschlachten, Fechtkämpfe oder eine Jagd nach einem Schatz inszenieren wollte. "Fluch der Karibik" entpuppte sich schließlich als absoluter Überraschungserfolg und machte das Piratenthema wieder modern - warum das Renny Harlins Abenteuerfilm zuvor nicht gelingen konnte, erzähle ich euch in dieser Kritik!

DIE PIRATENBRAUT


Morgan Adams (Geena Davis) ist eine legendäre Freibeuterin, die in der ganzen Karibik gejagt wird. Ihre Crew verliert jedoch den Glauben an sie, nachdem sie von ihrem Onkel Douglas Brown (Frank Langella) aufgerieben wurden. Morgan hält dagegen und verspricht ihren Männern einen riesigen Schatz - der Weg zu diesem kann durch eine dreiteilige Landkarte gefunden werden, von welchem sich ein Teil in Morgans Besitz befindet. Zwei große Probleme haben sie jedoch noch zu bewältigen: Einen Teil der Karte besitzt Brown, der seinerseits ebenfalls Jagd auf den Schatz und auf seine Nichte macht. Zum anderen ist die Karte in Latein geschrieben, weswegen sich Morgan auf den linkischen Gefangenen William Shaw (Matthew Modine) verlassen muss, der schon bald seine eigenen Ziele zu verfolgen beginnt...

Die Handlung ist simpel: Es geht um die Jagd nach einem Schatz, den sowohl die Hauptfiguren als auch die Bösewichte jagen, wobei diese sich natürlich immer wieder in die Quere kommen. Von der enormen Komplexität insbesondere der ersten beiden "Fluch der Karibik"-Fortsetzungen ist man hier also meilenweit entfernt und Renny Harlin inszeniert den kollossal gefloppten Abenteuerfilm lieber als geradlinige Geschichte ohne Tiefen oder überraschende Wendungen. Ihm steht die Lust lieber nach ausladenden Actionszenen und allerlei visuellen Krach, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Denn da die Geschichte nicht zu packen weiß, fiebern wir mit den ziemlich einseitig geschriebenen Charakteren hier nun wirklich nicht mit und selbst die besten Actionszenen der Filmgeschichte könnten darüber nicht hinwegtäuschen. 
Nun bietet Renny Harlin durchaus einiges an Spektakel und besonders wenn man das Alter des Werks berücksichtigt, ist es schon beeindruckend, wenn man sieht, was er hier alles aufbaut. Ganz besonders schön sind die detailverliebte Ausstattung, die Kostüme, die wunderbaren Settings und der pompöse Score von "Iron Man"-Komponist John Debney, der einen wunderbaren Abenteuercharme versprüht. Leider mochte Harlin diese Musik offenbar so sehr, dass er die trommelnden Melodien und die gigantischen Chöre in jeder zweiten Szene so laut einbaute, dass der Soundtrack etwas überstrapaziert wird - die Musik ist generell gut, aber sie passt eben nicht immer zu der etwas unsauberen Inszenierung des "Deep Blue Sea"-Regisseurs, der hier mit der Größe seines Projekts offenbar mehrfach haderte. 
Er hat ein Gespür für schöne Massenaufnahmen, doch in den zentralen Actionszenen (und über weite Strecken besteht "Die Piratenbraut" tatsächlich nur aus diesen) gleitet ihm der Film immer wieder aus der Hand. Trotz Explosionen, riskanten Kletteraktionen und etlichen Fechtkämpfen in unterschiedlichen Settings geht ihm die Dynamik in diesen Szenen oft flöten und er inszeniert sie nur auf zwei verschiedene Arten. Entweder als viel zu langsam geschnittene und letztendlich recht dröge Mann-gegen-Frau-Szenerie oder untermal mit Superzeitlupen, die er in der Zukunft auch aus einem "Transformers"-Film hätte kopieren können. Diese Art der Überinszenierung passt nicht nur zum abenteuerlastigen Ton des Films, der keinerlei fantastischen Elemente besitzt, sie ermüdet auch schon sehr schnell. Deswegen kann man "Die Piratenbraut" natürlich nicht sein optisches Spektakel absprechen, es beeindruckt nur eben bald nicht mehr, da Renny Harlin so sehr auf eben jenes baut, dass es ziemlich aggressiv und gewollt wirkt. Und wo dann eben auch kein spannender Plot ist, sondern nur ein sehr baufälliges Gerüst, welches von Actionszene zu Actionszene hechelt, da ist man irgendwann eben trotz all des Krachbumms nur noch gelangweilt. 
Nun wäre es natürlich falsch, dem Film seinen kompletten Charme abzusprechen, denn gerade innerhalb des Piratenthemas verbaut er seine Klischees sehr ansprechend und hat mit Geena Davis eine Hauptdarstellin parat, die offenbar sehr viel Freude daran hat, hier mit "Frost/Nixon"-Star Frank Langella die Klingen zu kreuzen oder mit dem schelmischen Matthew Modine, der im direkten Vergleich aber blass bleibt, anzubandeln. Über zwei teils ziemlich langwierige Stunden und etliche Seeschlachten hinweg ist das aber zu wenig, um wirklich zu unterhalten, weswegen diese Art Flop zumindest etwas abzusehen war. Für alle Fans des Genres bleibt aber immerhin noch die "Fluch der Karibik"-Reihe, die mit wesentlich mehr Spaß, Mut und einer komplexeren Handlung aufwartet. Und natürlich mit Johnny Depp und Geoffrey Rush, die allein bereits mehr Charme versprühen als der ganze Haufen an Seebären, die hier grummelnd, aber eben ohne weitere Hintergründe ihre Säbel ziehen.

Fazit: "Die Piratenbraut" war in den 90ern ein kollossaler Flop, der vielleicht auch etwas mit der Qualität zu tun hat. Denn trotz allerlei Spektakel und einer spielfreudigen Geena Davis besitzt der Film eben keine spannende Handlung und ist in seiner ziemlich wechselhaften Inszenierung auch weit davon entfernt, zu beeindrucken.

Note: 4+




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