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8mm - Acht Millimeter

Die reiche Witwe Mrs. Christian (Myra Carter) findet im Nachlass ihres kürzlich verstorbenen Mannes eine Filmaufnahme, auf welcher ein junges Mädchen offensichtlich vergewaltigt und ermordet wird. Schockiert beauftragt sie den Privatdetektiv Tom Welles (Nicolas Cage), der sich erst von der Echtheit des Materials überzeugen und anschließend herausfinden soll, wer das Mädchen auf dem Video ist. Während Welles versucht, über Vermisstenanzeigen ein Lebenszeichen der Dame zu finden und somit auszuschließen, dass es sich um einen echten Snuff-Film handeln könnte, forscht er auch nach weiteren Details in dem Video, welches auf mehrere männliche Täter hindeutet. Um die Kreise einzugrenzen sucht Tom die Hilfe des jungen, in einer pornographischen Videothek arbeitenden Max California (Joaquin Phoenix). Dieser entführt Welles in die Untiefen der Underground-Pornografie und bringt ihn auch auf die Spur der scheinbar ermordeten jungen Frau...

Snuff-Filme galten lange nur als Legende - im Zeitalter des Internets, in welchem sich illegale Pornografie rasend schnell verbreitet, wissen wir aber längst, dass dieses grausame Subgenre des Hardcore-Pornos Realität ist und noch immer hergestellt wird. Da ist es schon mutig, um ein solches Thema einen Hollywood-Thriller zu erschaffen, der dazu auch noch vor und hinter der Kamera mit Superstars besetzt ist. Dementsprechend dreckig und düster sieht die Inszenierung von "Der Klient"-Regisseur Joel Schumacher dann auch aus - obwohl er unnötige Gewaltspitzen vermeidet, schneidet die widerliche Atmosphäre auch in kleinen Details bereits genug. Wenn der geschockte Tom Welles einen illegalen Pornoverkauf auf der Straße betritt und dort gar einen Stand mit dem selbstgezeichneten Schild "Kids" findet, dann müssen wir keinerlei Resultate sehen - der clevere Schnitt und Cages entgeisterte Miene reichen, um uns unangenehm frösteln zu lassen. Die erste Dreiviertelstunde, wenn Tom Welles sich diverse Spuren und Fährten nach und nach zusammensuchen muss und zu Beginn noch nicht mal klar ist, ob auf dem Video wirklich ein grausamer Mord begangen oder nur ein täuschend echter Fake produziert wurde, sind die atmospärisch dichtesten und spannendsten des Films.
Leider nimmt "8mm" von dort an einige etwas zweifelhafte Abzweigungen. So erschafft er zwar eine unangenehme Atmosphäre, die hervorragend zum Thema und Setting des Films passt, wird aber immer uneloquenter, wenn es darum geht, Licht ins Dunkel zu bringen. Die konkreteren Auflösungen der Tat in der zweiten Hälfte führen zu einigen dummdreisten Wendungen und Enthüllungen, die an sich zwar Sinn ergeben, aber dennoch ziemlich weit an den Haaren herbeigezogen sind. Der schon bald erhöhte Actionanteil macht den Film wilder und lauter, als er eigentlich hätte sein müssen und mit dem Auftritt einiger fieser Gesellen, die als Gegenspieler in Stellung gebracht werden, verhebt man sich sogar konsequent. Diese chargierenden und lächerlich agierenden Gesellen stammen aus den Tiefen der Klischee-Schublade des Genres und fallen eher dadurch auf, dass sie ewig lange, selbstverliebte Reden schwingen, um unserem "Helden" genug Zeit zu lassen, sich noch zur Wehr zu setzen. Tatsächlich wirkt es eher belustigend als beängstigend, wenn man die fiesen Antagonisten irgendwann wie aufgeschreckte Rehkitze herumhüpfen sieht, was der zuvor so treffsicher aufgebauten Atmosphäre einen herben Dämpfer versetzt. Im Finale wird es dann noch ziemlich morbide, wenn moralische Grenzen gesprengt werden, die zwar zu einem solch düsteren Thriller passen, aber dennoch einen etwas faden Beigeschmack hinterlassen.
"Con Air"-Star Nicolas Cage liefert eine solide Performance in der Hauptrolle ab. Er neigt zwar auch hier wie gewohnt dazu, ein wenig zu überzeichnen. Die Szene, in welcher sein Tom Welles zum ersten Mal das Video sieht, welches den Plot in Gang bringt, wirkt dahingehend überzeichnet, da der zuvor als knallharter Detektiv vorgestellte Welles hier bereits schockiert zusammenzuckt, wenn das Opfer "nur" einen Faustschlag erhält. Cage kann die emotionalen Grauzonen seiner Figur nicht immer passend ausloten, agiert darüber hinaus aber angenehm nuanciert. Die großen Namen in den Reihen der Bösewichter können im Grunde nichts anderes tun, als dem Drehbuch angemessen zu chargieren und somit immer noch mehr "Farbe" aus den düsteren Rollen herauszuholen. Herausstechen tut da dann nur noch der großartige Joaquin Phoenix, der in seinem Part zwar auch eher auf den ständig mitlaufenden Sidekick reduziert wird, doch selbst in solch einer mageren Rolle noch eine Ausstrahlung an den Tag legt, die einen schlichtweg begeistert. Eine wahre Freude ist auch ein kleiner Cameo des heutigen "The Walking Dead"-Stars Norman Reedus - sein Auftritt in "8mm" war eine seiner ersten Filmrollen.

Fazit: Wenn "8mm" als düsterer Detektiv-Thriller beginnt, zehrt er von der schneidenden Atmosphäre und der spannenden Spurensuche. Sobald der Film sich jedoch in einen Selbstjustiz-Actioner mit chargierenden Bösewichten und lahmen Wendungen verwandelt, ist er nah dran an einem überlauten Totalausfall ohne sämtliches Feingefühl.

Note: 4+





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