Direkt zum Hauptbereich

Kate

Kate (Mary Elizabeth Winstead) ist eine von Kindesbeinen von ihrem Mentor Varrick (Woody Harrelson) herangezogene, perfekt ausgebildete Auftragskillerin. Vor zehn Monaten riss ein Auftrag ihr jedoch den Boden unter den Füßen weg, weswegen sie den Wunsch äußert, aus dem blutigen Geschäft auszusteigen. Einen letzten Schuss soll sie noch setzen, doch dann geht dieser plötzlich daneben. Kurz zuvor wurde Kate offensichtlich mit einer tödlichen Dosis Strahlengift infiziert - ihr bleiben nur noch wenige Stunden zum Leben. Diese nutzt die Killerin, um die Drahtzieher des Angriffs auf sie ausfindig zu machen und schließlich auszuschalten. Um den Kopf der gefährlichen Verbrechergruppe aber überhaupt aus seiner Höhle zu locken, muss sie dessen Nichte Ani (Miku Patricia Martineau) entführen...

Wer für diesen neuen Netflix-Ausreißer Pate stand ist nicht schwer zu erkennen. "Kate" ist aufgrund seiner treibenden Handlungskraft, welche der vergifteten Protagonistin nur noch wenige Stunden lässt, um ihre letzten Arbeiten zu erledigen und die sich, um diese Power noch aufzubringen, mit Aufputschmitteln versorgen muss, klar an den hyperaktiven "Crank" angelehnt. Die Inszenierung und die knallharten Actionszenen wurden schließlich von aktuell extrem beliebten Actionfilmen wie "Atomic Blonde" oder der "John Wick"-Reihe inspiriert. Und auch wenn dieser Film dahingehend weder etwas Neues erzählt noch inszenatorisch auf eigenen Füßen steht, gilt hier wie so oft die Devise: Besser gut geklaut als schlecht neu erfunden. Dementsprechend ist "Kate" ein temporeicher Ausflug nach Tokio, der nicht durch seine fahrige Handlung, aber durch seine starken Actionszenen und seine gnadenlos vorpreschende Hauptdarstellerin überzeugt.
Diese hört auf den Namen Mary Elizabeth Winstead und ist Filmfans selbstverständlich ein Begriff. Schon seit Jahren macht Winstead in prägnanten Rollen auf sich aufmerksam und hätte den Sprung zum Actionstar längst schaffen müssen - gelungen ist ihr dies komischerweise nie so richtig. Dass es dafür endlich Zeit wird, beweist sie in "Kate" nachhaltig. Mit einer enormen Präsenz, einer kühlen Ausstrahlung und einer physischen Agilität, mit der sie sich nicht hinter Charlize Theron oder Sasha Luss verstecken muss, empfiehlt sich Winstead spätestens jetzt für weitere dieser Auftritte. Dabei kaschiert sie mit ihrer einnehmenden Performance sogar, dass ihre Protagonistin als solche etwas blass geschrieben ist und dass ihr Antrieb, in welchem es zuvorderst um ihr eigenes Wohl und Leben geht, deutlich schwächer ausfällt als der eines Brian Mills in "96 Hours" beispielsweise. Winstead zeigt indes auch den Kollegen die lange Nase: Woody Harrelson hat in seiner Mentorenrolle erwartungsgemäß wenig zu tun, während Kates Sidekick in Form einer dauerfluchenden Teenagerin ein latentes Nervpotenzial mit sich bringt, auch wenn ihr Einsatz handlungstechnisch letztendlich ein gewisses Konfliktpotenzial mit sich bringt.
Auf viel mehr Tiefe muss man in der Handlung aber nicht pochen, denn da ist nicht viel zu finden. Die wenigen zentralen Wendungen sind weder überraschend noch gut geschrieben, sodass dieses doch eher maue Drehbuchgepinsel weitestgehend dazu da ist, um Kate von einer Actionszene in die nächste und schließlich in ein spektakuläres Finale zu treiben. Das kann man kritisieren, muss man in diesem Genre aber nicht, denn einem "John Wick"-Film kann man solcherlei ja im Grunde auch vorwerfen. Und wenn "Kate" diese dramaturgischen Schwächen so exzellent durch wuchtige Actionszenen kompensiert, ist ja noch alles gut gegangen. Glücklicherweise zieht sich der Film nämlich nicht, wie es derzeit so viele Hollywood-Produktionen tun, mit wirrem Schnittgewitter aus der Affäre, sondern liefert dynamische und spektakulär ausgeführte Action-Choreos in einer ansprechenden Optik. Obwohl der Film durchgehend bei Nacht spielt, verliert der Zuschauer nie den Überblick, was definitiv für die Fähigkeiten der Schauspieler*innen und Stuntleute als auch für das Auge von Regisseur Cedric Nicolas-Troyan spricht.

Fazit: "Kate" gleicht die eher maue Handlung durch starke Actionszenen, eine ansprechende Optik und eine fabelhafte Hauptdarstellerin aus. Die rund 100 Minuten vergehen wie im Flug, auch wenn dramaturgisch und auch im Bereich der Härte in diesem Genre mehr drin gewesen wäre.

Note: 3+

Streambar auf: Netflix





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Wieder keine neuen Ideen: Filmkritik zu "Der Exorzist: Bekenntnis"

Victor Fieldings (Leslie Odom Jr.) zieht seine Tochter Angela (Lidya Jewett) seit dem Tod seiner Frau Sorenne (Tracey Graves) vor dreizehn Jahren alleine auf und ist aufgrund seiner einschneidenden Vergangenheit dauerhaft besorgt um sein Kind. Als diese eines Tages gemeinsam mit ihrer Freundin Katherine (Olivia Marcum) im Wald verschwindet, ist Victor in tiefster Panik und malt sich bereits die schlimmsten Dinge aus, die seiner Tochter zugestoßen sein könnten. Drei Tage später tauchen Angela und Katherine jedoch wieder auf... und verhalten sich höchst sonderbar. Schon im Krankenhaus legt Angela äußerst merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag, die ihre Mitmenschen in Angst versetzen. Dass die beiden Mädchen von einem Dämon besessen sein könnten, daran will Victor jedoch nicht glauben... bis er jemanden trifft, die vor rund fünfzig Jahren etwas sehr ähnliches erlebt hat. Natürlich habe ich mir als Vorbereitung für diesen Film erneut den Kult-Klassiker "Der Exorzist" angesehen ...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...