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The Invitation

Nach über zwei Jahren ohne jeden jeglichen Kontakt wird Will (Logan Marshall-Green) zusammen mit seiner Freundin Kira (Emayatzy Corinealdi) zu einem abendlichen Dinner bei seiner Ex-Frau Eden (Tammy Blanchard) und dessen neuen Freund David (Michiel Huisman) eingeladen. Eden und Will trennten sich aufgrund einer familiären Tragödie, wobei es Will offensichtlich Unbehagen bereitet, erneut in sein früheres Heim zurückzukehren. Ebenfalls eingetroffene Freunde von beiden Seiten versuchen, die bedrückte Stimmung anzuheizen, doch Will glaubt schon früh, dass etwas mit der Party nicht stimmen könnte. Als David den Gästen ein Video vorführt, klingeln seine Alarmglocken, doch die anderen Gäste, inklusive Kira, wollen seine Warnungen nicht wahrhaben...

"The Invitation" spielt über weite Strecken sehr wirkungsvoll mit den Empfindungen des Zuschauers und bringt sie dazu, das Gesehene aus mehreren Blickwinkeln zu hinterfragen. Man empfindet die Geschehnisse auf der Party und die Worte von einigen Anwesenden als höchst merkwürdig, weiß zugleich aber auch um Wills Geisteszustand. Somit kann man sich nie sicher sein, ob Wills Wahrnehmung, von welcher wir hier Teil werden, die Ereignisse einfach überspitzt oder ob in diesem Dinner wirklich etwas los ist, was einen gewissen Schrecken birgt. Dieser innere Kampf zeichnet sich in der Figur des Will mit großer Kraft ab - Logan Marshall-Green spielt diesen nuanciert und sympathisch, wobei er jedoch auch eine beinahe angsteinflößende Wirkung hat. Eine Paraderolle für den Schauspieler, dessen Rollenauswahl nicht immer glanzvoll war, der hier in der Hauptrolle jedoch seine volle Kraft entfalten kann. Die restliche Besetzung macht derweil einen soliden Job, ohne groß gefordert zu werden. Herausstechen tun allenfalls "The Walking Dead"-Star John Carroll Lynch sowie Michiel Huisman, die mit bedrohlicher Ruhe dazu beitragen, dass man sich als Zuschauer nicht sicher ist, wem man hier eigentlich trauen will.
Schon nach wenigen Minuten kann "Destroyer"-Regisseurin Karyn Kasuma die Szenerie, die fast ausschließlich in dem Haus der Gastgeber stattfindet, mit einer bemerkenswerten Dosis aus Bedrohung und Unwohlsein aufladen. Wenn sich die lang getrennten Freunde zu Beginn umständlich umarmen, zeigt sie ohne viele Worte die aufgetakelte Freundlichkeit von Menschen bei solch einem Anlass und lässt uns mit unangenehmen Gefühlen dabei sein. Mit langsamem Tempo erhöht sie anschließend den Spannungsbogen und bringt durch immer neue, seltsame Vorkommnisse - oft nur kleine, sehr feine Unstimmigkeiten -, potenzielle Gefahren ein. In diesen Momenten verstrickt sich Kasuma zwar manchmal in den einzelnen, unheimlichen Begebenheiten. Gerade im Mittelteil dreht sich der Film bisweilen im Kreis, wenn Hauptfigur Will etwas zu oft zwischen unsicherem Argwohn und verletzlicher Offenheit wechselt. Trotzdem bleibt die schneidende Atmosphäre vorhanden und Kasuma kann mit simplen Mitteln dafür sorgen, dass sich diese immer weiter steigert. Auch wenn sie dabei ab und zu etwas subtiler hätte vorgehen können, verdienen sich einige kleine Moment den Szenenapplaus.
Wie sie diese psychischen Eskapaden schließlich ohne Vorwarnung und erstaunlich brutal eskalieren lassen, das überrascht zu Beginn des finalen Showdowns dann auch noch einmal. Leider entwickelt sich "The Invitation" nach dieser Überraschung in seinen letzten Minuten zu einem wenig spannenden und ziemlich klischeebehafteten Slasher, der bisweilen recht müde mit den üblichen Konventionen jongliert und die zuvor aufgestellten Mysterien zugunsten eines lauten, blutigen Schockers zurückstellt. Richtig rund ist die Auflösung dieses Martyriums am Ende leider nicht mehr und lässt rückwirkend auch das Verhalten manch eines Charakters im Laufe des Films in einem merkwürdigen Licht stehen. Mit der allerletzten Einstellung trifft Kasuma den Nagel aber schließlich wieder auf den Kopf - obwohl der letzte Akt in seiner Überzeichnung und dem plötzlichen Wechsel des Tonfalls durchweg enttäuscht, erschafft sie durch das letzte Bild eine neue Sichtweise, die uns mit einer Veränderung der Ereignisse und einem mulmigen Gefühl in den Abspann entlässt.

Fazit: Mit einer schneidenden Atmosphäre und einem bemerkenswerten Gefühl für subtile Bedrohungen liefert Regisseurin Kasuma einen leisen, energetischen Thriller ab, der auf den Zielgeraden aber den Genre-Konventionen erliegt und rückblickend auch den detaillierten Aufbau des Plots beschädigt.

Note: 3





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