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The Descent - Abgrund des Grauens

Ein Jahr nachdem Sarah (Shauna MacDonald) ihren Mann Paul (Oliver Milburn) und die gemeinsame Tochter Jessica (Molly Kayll) bei einem schrecklichen Autounfall verloren hat, bricht sie, auch ein wenig als therapeutische Maßnahme, mit fünf Freundinnen in die amerikanischen Appalachen auf. Dort wollen die sechs Abenteuerinnen, die bereits Klettertouren und wilde Rafting-Touren unternommen haben, ein düsteres Höhlensystem erforschen. Nach anfänglicher Begeisterung über die ebenso angsteinflößenden wie bewundernswerten Naturschauspiele unter der Erde stellt sich jedoch bald echte Panik ein. Denn nicht nur scheint dieses Höhlensystem gänzlich unerforscht, wie Sarahs Freundin Juno (Natalie Mendoza) dem Rest der Gruppe verschwiegen hat... es scheint auch etwas in den engen Tunneln zu lauern.

Es gibt wohl nur wenige Filme, die die klaustrophobische Grundstimmung eines ganz und gar engen Raumes so grauenvoll darstellt wie "The Descent". "Hellboy"-Regisseur Neil Marshall verlässt sich ohne irgendwelche Hollywood-Schnipsel ganz und gar auf seinen furchterregenden Schauplatz und stellt alles, was man sich darin lieber nicht vorstellen mag, genauso dar. Grausame, klaustrophobische Enge, ein beinahe vollständiger Mangel von Licht und ein undurchdringbares System aus Gängen und Höhlen. Zwar ist diese düstere Inszenierung gleichsam Fluch und Segen - und Fluch deshalb, weil eine Orientierung auch unter den ohnehin schon etwas schwer auseinanderzuhaltenden Figuren in der ersten halben Stunde nicht gerade leichtfällt. Das ist aber sicherlich auch so gewollt, will der Regisseur doch auch den Zuschauern jegliche Orientierung nehmen und sie so auf eine Stufe mit den Protagonisten stellen, die auch nicht wissen, was da gerade mit ihnen geschieht. Zudem macht der Film später auch noch einige simple, wenn auch treffsichere Konflikte unter den sechs Frauen auf, die ein Auseinanderhalten der zuvor doch eher schwach gezeichneten Figuren leichter machen.
Sicher, allzu doppelbödige Charaktere haben wir hier trotzdem nicht - gerade in der ersten Hälfte wirken die Charaktere durch ihr oftmals clowneskes Verhalten (sie verhalten sich eher wie ein Haufen kichriger Teenies statt einigermaßen erfahrene Hiker) eher anstrengend und einige der späteren Streitereien sind dann auch eher mau gezeichnet. Aber auch das kann man durchaus verzeihen, da sich Marshall ohne weitere Rucksackladungen auf das verlässt, was der Film sein will: Purer Schrecken. Da braucht es dann gar keine emotionalen Backgrounds (obwohl mit Hauptdarstellerin Sarah eine der Frauen einen solchen intensiv aufgeladen bekommt), sondern das Setting und die unangenehme Situation sprechen für sich selbst. Typisch für einen Horrorfilm wird dann leider auch recht viel geschrien, was die zuvor so stille, beinahe schneidende Atmosphäre immer wieder zerstört. Und auch die blutigen Splatter- und Kampfszenen der zweiten Hälfte machen es dem Zuschauer nicht einfach, überhaupt noch mitzubekommen, wer da gerade gegen was antritt, da zusätzlich zur Dunkelheit auch noch ein rasanter Schnitt hinzukommt.
Doch selbst der kann die teils sehr drastische Brutalität, mit der Marshall hier aufwartet, nicht verschleiern - hier geht es definitiv blutiger zu als in einem Großteil der heutigen Horror-Slasher. Dabei entwerfen die Macher auch ein spannendes Konstrukt zwischen den Charakteren und sprechen unangenehme Wahrheiten aus. Es gibt hier keine Hollywood-Helden, sondern bald nur noch Egoisten, die überleben wollen, was zu einigen wirklich schmerzhaften Szenen fühlt. Sogar über das Ende, welches einem letzten Schock gleicht, kann man noch länger nachdenken. Das reicht schließlich, um über anderthalb Stunden ziemlich gut unterhalten zu werden, denn in Sachen Spannung gibt es nicht viel, was "The Descent" im Horror-Genre in dieser Form das Wasser reichen kann. Etwas mehr Cleverness unter den Charakteren wäre wünschenswert gewesen, doch vielleicht erwartet man dann auch zu viel - wir befinden uns schließlich immer noch im Horrorbereich (auch wenn dieser gezeigt hat, dass das durchaus möglich ist). Ein Lob verdienen sich auch die finsteren Gegenspieler, die zwar bisweilen etwas zu leicht auszutricksen sind, in ihrer optischen Darstellung aber durchaus das Fürchten lehren können.

Fazit: Beklemmender, klaustrophobisch inszenierter Horrorfilm mit saftigen Schockern und einem sich ständig höherdrehenden Spannungspegel, der angesichts seiner aufgeregten Charaktere manchmal ein wenig nervt, in Sachen Terror aber eine bemerkenswert hohe, blutige Schlagzahl abliefert.

Note: 3+





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