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Windfall (2022)

Der Plan war eigentlich perfekt: Ein Einbrecher (Jason Segel) möchte das Ferienanwesen eines superreichen CEO's (Jesse Plemons) ausrauben. Als er beinahe schon, mit einigen Geldbündeln und einer Rolex, auf dem Weg nach draußen ist, taucht dieser plötzlich in Begleitung seiner Ehefrau (Lily Collins) auf dem Gelände auf. Diese erblickt den Dieb, als er versucht, über die Veranda zu fliehen. Aus dem geplanten Raub muss er nun eine ziemlich komplexe Geiselnahme entwickeln, um sein Gesicht zu wahren und nicht sogleich ertappt zu werden. Da der Mann sich jedoch mit einem solchen Verbrechen nicht wirklich auskennt, setzt der reiche CEO alles daran, diesem ein Schnippchen zu schlagen - indem er ihm hilft...

Ein Thriller im Hitchcock-Stil sollte es werden und dass Netflix sich in der Erwähnung dieses Namens keinen großen Gefallen getan hat, das war irgendwie absehbar. Denn Alfred Hitchcock ist nun mal die Koryphäe, wenn es um spannende und wendungsreiche Thriller geht und es hat wohl niemand erwartet, dass ausgerechnet ein Originalfilm aus dem sehr wechselhaften Repertoire des Streaminggiganten da qualitativ auf ähnlichen Gleisen fahren kann. Dementsprechend setzt Regisseur Charlie McDowell zwar inszenatorisch auf die Hitchcock-Szenerie - über die Kameraarbeit, den wirkungsvollen Score und das minimalistische Set fühlt sich alles nach dem großen Vorbild an. Am wichtigsten Punkt wurde aber gehörig geschludert, denn das Drehbuch hat viel zu wenig zu bieten, um über die gesamte Laufzeit ein wirkliches Spannungsfeld aufbauen zu können.
Dabei geht das Ganze gar nicht übel los: Wenn sich der Einbrecher im ersten Drittel nicht nur damit zurechtfinden muss, dass sein Diebstahl nicht so funktionierte, wie er das wollte, sondern sich beim weiteren Vorgehen auch ausgerechnet von den Personen helfen lassen muss, die er ausrauben will, hat das auch in den Dialogen eine gute Klasse. Mit süffisantem Humor und in schneidigen Gesprächen wird dabei zum Beispiel ausdiskutiert, was eigentlich die perfekte Geldmenge wäre, die der Dieb in der jetzigen Situation erhalten sollte - unter Betrachtung der Auffälligkeit, der mindestens nötigen Ausgaben sowie des Gewichts, welches er tragen kann. Mit der Zeit verfängt sich "Windfall" dann aber in unnötigem Ballast, wenn er den drei Charakteren etwas Hintergrund mit auf den Weg geben will, dabei aber in seinen gesellschaftlichen Themen viel zu arg an der Oberfläche bleibt. Besonders der Konflikt zwischen Arm und Reich wird hier ziemlich banal wiedergegeben, da die beiden dafür stehenden Charaktere (der Dieb und der CEO) viel zu flach auf die üblichen Eigenschaften dieses Rollentypus beschränkt werden. Eine Wendung zum Schluss soll es da richten, doch wird diese viel zu unsauber vorbereitet, weswegen am Ende ein Schocker steht, der einzig und allein wegen des (unglaubwürdigen und effekthascherichen) Überraschungsmoments dasteht.
Den Schauspieler*innen kann man da wenig vorwerfen. Eine solche Rolle übersteigt das Talent von Comedy-Spezialist Jason Segel eigentlich, weswegen er der Schwächste in dem Trio bleibt - trotzdem wirkt er in dem Part des unzufriedenen, armen Schluckers einigermaßen glaubwürdig. Von dem großartigen Jesse Plemons, der über "Game Night" und "Vice" bis hin zu seiner oscarnominierten Performance in dem diesjährigen Oscar-Favoriten "The Power of the Dog" dauerhaft grandiose Rollen an Land zieht, wird Segel dennoch locker an die Wand gespielt. Plemons geht so spielerisch mit den Dialogzeilen um und legt in jede von ihnen eine solche Kraft, dass man förmlich an seinen Lippen hängt - seine Rolle ist aber auch mit Abstand die interessanteste, weil ambivalenteste und undurchsichtigste des ganzen Skripts. "To the Bone"-Star Lily Collins agiert im direkten Vergleich deutlich passiver und hat von diesem Trio am wenigsten zu tun. Zudem leidet sie unter einigen ziemlich obskuren, willkürlichen Wendungen, die ihre Rolle erst schwach und schließlich unglaubwürdig erscheinen lassen.

Fazit: Rein inszenatorisch versucht Charlie McDowell so gut es geht, das große Vorbild Hitchcock zu kopieren - das schwache Drehbuch lässt jedoch nur wenige Spannungsspitzen zu und ist sowohl in den Ausmaßen des Falles als auch in den gesellschaftlich relevanten Themen zu oberflächlich geraten.

Note: 4+



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