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Rot (2022)

Die dreizehnjährige Meilin Lee ist mitten in der Pubertät. Trotzdem schafft sie es nicht, obwohl sie sich nun mehrheitlich für Jungs, Konzerte und das Tanzen interessiert, sich wirklich von ihrer überfürsorglichen Mutter abzugrenzen, die in ihrer Tochter weiterhin ein Kind sehen möchte. Dies führt nicht nur zu einigen peinlichen Situationen, in denen ihre Mutter Meilin schrecklich bloßstellt... sondern auch zur Freisetzung eines eigenartigen Phänomens. Offensichtlich verwandelt sich Meilin nämlich beim Eintreten in die Pubertät in einen riesigen, roten Panda, sobald sie von ihren Gefühlen in irgendeiner Form überwältigt wird. Dieses Geheimnis würde Meilin natürlich zu gerne für sich behalten, fürchtet sie doch, dass ihre Mutter aus Sorge völlig den Verstand verlieren könnte. Da diese sich jedoch aufgrund Meilins merkwürdigen Verhaltens an die Fersen ihrer Tochter heftet, ist das mit der Geheimhaltung so eine Sache...

Dass Disney und Pixar ihren neuesten abendfüllenden Spielfilm lieber direkt zum hauseigenen Streaming-Dienst Disney Plus abschob statt ihn in die Kinos zu bringen, leuchtet prinzipiell ein. Denn nicht nur bedeutet die weiterhin grassierende Corona-Pandemie einige enorme Risiken für ansonsten todsichere Kino-Hits (im Grunde ist alles mittlerweile ein Risiko, sofern man nicht gerade ein Teil des Marvel Cinematic Universe ist), auch ließe sich "Rot" sicherlich nicht ganz so einwandfrei vermarkten. Und da der Streamingdienst bei unsicheren Projekten die bessere Variante zu sein scheint und sogar an den Kinokassen gefloppte Blockbuster wie "The King's Man" oder "West Side Story" nun in Rekordtempo den Weg zu diesem finden, leuchtet dieser Pfad ein, denn es ist nicht zu vermuten, dass "Rot" an den Kassen ein wirklicher Hit geworden wäre. Die Prämisse rund um ein pubertäres Mädchen, welches sich bei emotionaler Verausgabung in einen plüschigen, roten Panda verwandelt, wirkt nämlich nicht so einzigartig oder kreativ wie die ganz großen Pixar-Hits oder der letzte Originalfilm "Soul"... und sogar der schaffte es trotz seiner wahnwitzigen Originalität ja schon nicht mehr auf die Kinoleinwände.
Ob der Film nun aber im Heimkino oder doch auf den großen Leinwänden gelaufen wäre, spielt rein qualitativ erstmal keine Rolle. Und eine originelle Prämisse muss ja auch nicht gleich ein Qualitätsmerkmal sein, weswegen man "Rot" dabei wirklich eine Chance bieten sollte. Denn der klingt zwar erstmal nicht wie ein wirklich cleveres Abenteuer, ist es aber, sobald die Geschichte wirklich in Schwung gekommen ist. Die Damen und Herren von Pixar beweisen dabei unermüdlich, dass sie sich nicht nur auf einer einzigen Idee ausruhen, sondern mit dieser erneut so weit rennen, wie sie nur können. Von all den verrückten Wendungen und Einfällen will man vorab so wenig wie möglich verraten, denn diese selbst zu entdecken dürfte den größten Spaß des Films ausmachen. Mit einem wahnwitzigen Tempo rast "Rot" dabei voran und scheint in dem Irrsinn aus Gags und optischen Feuerwerken auf einer anderen Art Strom zu laufen als vorherige Pixarfilme. Das mag besonders zu Beginn noch ein wenig anstrengend und überfordert wirken, doch mit der Zeit findet der Film einen sinnigen Ton zwischen schriller Comedy und einer simplen, aber treffsicheren Geschichte, die durchaus zu Herzen geht.
Dabei erzählt "Rot" nicht nur eine actiongeladene und temporeiche Geschichte mit viel optischer Brillanz, sondern streift und vertieft auch relevante Themen. In bester Manier ist er dabei feministisch, weise und sogar kritisch und setzt sich mit der Eigenständigkeit eines weiblichen Individuums und den typischen oder auch untypischen Konflikten eines Mädchens beim Eintritt ins Jugendalter ziemlich originell auseinander. Dabei kommen auch die schrillen Nebenfiguren nicht zu kurz, von denen es hier einen ganzen Haufen gibt und wo sich jeder seinen eigenen Favoriten herauspicken kann. Für mich hat dabei weder die durchgeknallte Truppe aus Meilins Freundinnen noch ihre völlig losgelöste Mutter die meisten Lacher geerntet, obwohl sie alle für sich absolut großartige Figuren sind. Noch besser, weil nuancierter und sympathischer stiehlt sich nämlich der Vater der Protagonistin aus der Affäre, der als ständig essender und eigentlich auf Ruhe und Frieden pochender Mann der Familie einige Szenen von purstem Comedy-Gold ausfüllt und im brillanten Finale einen der besten Gags überhaupt abliefert.

Fazit: "Rot" ist ein energetisch schier aufgeladener Comedy-Animationsfilm, der seine schrägen Ideen mit der vollen Breitseite abliefert. Technisch mehr als überzeugend und voller herrlicher Gags vergisst er dabei aber auch nicht das Herz und eine gar nicht so einseitige Geschichte, die über 100 Minuten das Zwerchfell anstrengt, aber auch nachdenklich stimmen kann.

Note: 2-



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