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Es wird besser und besser: Serienkritik zur dritten Staffel von "Ozark"

Den Fluchtplan haben sie im letzten Moment abgeblasen und stehen nun mitten in ihrem eigenen Casino - Marty (Jason Bateman) und Wendy Byrd (Laura Linney) haben alle Hände voll damit zu tun, die neueste Einnahmequelle zu verwalten, wobei ihnen auch Ruth (Julia Garner) unter die Arme greift und immer mehr Verantwortung übernimmt. Sogar Helen Pierce (Janet McTeer) scheint ruhiggestellt und arbeitet sogar an einer leisen Freundschaft mit Wendy. Probleme lassen jedoch nicht lange auf sich warten: Wegen anhaltender Schwierigkeiten in der Ehe suchen Wendy und Marty eine Paartherapie auf, während Wendy hinter dem Rücken ihres Mannes mit Helens Mandanten Omar Navarro (Felix Solis) korrespondiert. Zudem taucht urplötzlich auch noch Wendys labiler Bruder Ben (Tom Pelphrey) auf und bringt ordentlich Chaos mit...

"Ozark" war von Anfang an gut und obwohl die zweite Staffel aufgrund kleiner Dramaturgie-Schwächen, die immer mehr Schocks zugunsten von weniger sensibler Tiefe forderten, ganz leicht hinter dem Auftakt zurückblieb, gab es im Grunde nichts zu Bemängeln. Umso überraschender ist aber, wie grandios die dritte Season nun die kleinen Kritikpunkte ausmerzt und dabei die restliche hohe Qualität hält - plötzlich sehen wir das Beste aus beiden Welten. Das, was zuvor schon so gut funktioniert hat, ist hier weiterhin drin, während die kleinen Schwierigkeiten endlich verbessert werden. So schießt einen diese Season nicht mehr mit einer schockierenden Wendung nach der anderen taub, sondern nimmt sich auch viel Zeit, um mal so richtig in die Charaktere reinzuhorchen. Das verlangsamt das Tempo jedoch nur marginal - aufgrund neuer Probleme und Konflikte, die sich rasch zuspitzen, ist der Adrenalinpegel weiterhin verdammt hoch und steigert sich quasi von Folge zu Folge.
Da wir über die vielen neuen Gesichter und auch über die, die uns nun schon seit ein oder zwei Staffeln begleiten, dank ausgeklügelter Plots mehr erfahren, fällt das Mitfiebern leichter. Dabei sind es gar nicht so sehr Marty und Wendy Byrde, die hier die großen Sympathien einfahren - Jason Bateman und Laura Linney spielen wie gehabt hervorragend, doch diesmal müssen sie sich ihre Bildschirmzeit mit zahlreichen, mindestens ebenso interessanten Figuren teilen. Klare Gewinner sind dabei zum einen die Sprösslinge der Byrde-Familie, deren Plots es diesmal erlauben, sie nicht nur zu reinen Pubertäts-Problemen zu machen, sondern sie richtig erwachsen und kreativ in die übergeordnete Geschichte einzugliedern. Die zweite Überraschung deutete sich mit der zweiten Season bereits an und kommt hier zum absoluten Exzess - der Ausbau der Figur von Helen Pierce ist auf brillante Weise geglückt und Janet McTeer dürfte mit ihrer eisigen, ambivalenten Vorstellung zu einem der Aushängeschilder der Show geworden sein. Auch der Rest des Ensemles begeistert mit starken Performances, so nach wie vor auch "Inventing Anna"-Star Julia Garner, die als Ruth Langmore weiterhin das Herz und die Seele der Serie darstellt.
Und nach zehn Folgen und zwei intensiven Final-Episoden darf man sich dann auch ziemlich glücklich schätzen, wenn diese vorletzte Staffel einer ohnehin schon sehr guten Serie mit einem wahnsinnigen Knalleffekt endet. Keine Frage, mit dieser Vorlage haben die Macher sich quasi alle Türen für eine ganz starke, finale Season geöffnet, durch welche sie nun nur noch gehen müssen. Es ist dabei schon erstaunlich, wie genial die Autoren stets die Erwartungen des Publikums umkreisen, einige Vorhersagen erfüllen und dann doch wieder ganz andere Wege einschlagen, dem Tonfall der Show aber immer wieder treubleiben. Dementsprechend sind schmerzhafte Wendungen, herzliche Subplots und eine elektrisierende Hochspannung, die sich in jedem Moment entladen kann, immer wieder nebeneinander dabei und ergeben somit ein stimmiges Gesamtbild. Eines, welches sich dank mehr Verlassen auf spannende Dialoge und ausgeklügelte Machenschaften sogar noch spannender und intensiver anfühlt als zuvor, obwohl die Macher gefühlt gar ein wenig auf die Bremse treten. Ich kann die Sichtung der finalen Staffel jedenfalls kaum noch abwarten.

Fazit: Die bisher beste Season einer ohnehin guten Serie setzt wieder mehr Vertrauen in die Charaktere, gibt mehr Tiefe in figurenorientierte Plots und steigert zudem die Spannung der Haupthandlung in immer höhere Sphären - starke Serienunterhaltung!

Note: 2



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