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Erneut richtig gut: Serienkritik zur zweiten Staffel von "Ozark"

So hatte sich die Familie Byrde ihren Deal nicht vorgestellt, doch nun müssen sie damit leben. Das plötzliche Verschwinden des Drogenbosses Del (Esai Morales) ruft jedoch eine neue Figur auf den Plan, die mit wachen Augen über die Geschäfte von Marty (Jason Bateman) und Wendy (Laura Linney) wacht: Helen Pierce (Janet McTeer) zieht die Schlinge um die Hälse der Byrde's dabei noch enger, während diese versuchen, sich unter den Vorgaben ihrer Partner und Gegner zu positionieren und die benötigte Geldwäsche voranzutreiben. Indes hat auch Ruth Langmore (Julia Garner), die immer mehr in Martys Geschäfte eingebunden wird, mit Problemen zu kämpfen. Ihr Vater Cade (Trevor Long) wird aus der Haft entlassen und stößt zur Familie zurück, wo er jedoch sogleich für schwerwiegende Schwierigkeiten sorgt...

"Ozark" macht in der zweiten Staffel exakt dort weiter, wo mit der ersten Season geendet wurde. Die teils hundsgemeinen Cliffhanger werden endlich aufgelöst, der Plot verläuft nahtlos weiter, alle bekannten Figuren sind natürlich wieder dabei. Und auch qualitativ verliert man im Grunde keinerlei Federn - "Ozark" ist weiterhin gnadenlos spannende, hervorragend geschriebene und durchweg packende Serienunterhaltung auf den Spuren von "Breaking Bad" und Co. Natürlich fehlt diesmal der ganz große Überraschungsfaktor, den die erste Staffel so zwangsläufig noch mitbrachte - man kann den Kreativen aber definitiv nicht vorhalten, dass sie nicht versuchen würden, das Publikum immer und immer wieder zu überraschen. Eine Wendung reiht sich an die nächste, mit dem üppigen Figurenpersonal wird ohnehin sehr harsch umgesprungen und man sollte tunlichst nicht den Fehler begehen, sich unter den Charakteren irgendwelche Lieblinge zu suchen... denn die Wahrscheinlichkeit, dass diese das Ende der nächsten Folge gar nicht mehr erleben, ist mindestens ebenso hoch wie bei Serien-Vertretern a la "The Walking Dead" oder "Game of Thrones".
Dieser schiere Zwang, das Publikum mit immer neuen, schockierenden Wendungen voll auf Kurs zu halten, geht bisweilen zugunsten der emotionalen Tiefe. Klar, angesichts solch mehr als ambivalenter Figuren, die im Grunde alle verachtenswerte Verbrecher oder mindestens klare Egoisten sind, ist die Stimmung ohnehin ein wenig kühler. Allerdings folgen die neuen Tiefschläge diesmal in so rascher Abfolge, dass dazwischen weniger Zeit bleibt, um die Charaktere auch abseits der rauen Tristesse so richtig zu formen. Die Ausnahme von der Regel bleibt dabei Ruth Langmore, deren Familiengeschichte ganz neue Einschläge erhält und die sich auch darüber hinaus als echte Identifikationsfigur erweist. Obwohl sie definitiv viele Fehler begeht, scheint in ihr noch der letzte Hoffnungsschimmer einer längst verlorenen Stadt zu befinden. Das wird dann noch mit einer erneuten Glanzleistung von Julia Garner versehen, die hier sogar dem Rest des illustren und talentierten Casts nach und nach den Rang abzulaufen vermag.
Natürlich agieren aber auch Jason Bateman, "Die Truman Show"-Star Laura Linney und all die anderen Stars in Haupt- und Nebenrollen absolut großartig - Ausfälle sind keine dabei, ein jeder von ihnen fügt sich stimmig ins Bild ein. Dass nicht alle Plots immer absolut überzeugend geraten und gerade die Geschichten rund um die rebellischen Teenie-Kids der Byrdes nach wie vor ein wenig Sitzfleisch erfordern, fällt zwar auf, stört aber insgesamt nicht so richtig. Zudem umgehen die Autoren weitestgehend clever die Gefahr, in eine Wiederholung des bereits Gesehenen abzudriften: Die neue konkrete Gegenspielerin unterscheidet sich dabei in Habitus und gesellschaftlichem Umgang so deutlich von Esai Morales' Del, dass sich dabei ganz neue Fallhöhen und Herausforderungen ergeben und der Adrenalinpegel immer deutlicher angezogen wird. Insgesamt bleibt die zweite Staffel so zwar ein ganz kleines bisschen hinter dem grandiosen Auftakt zurück, da im direkten Vergleich das ganz Neue, das Besondere, der allerletzte Kick fehlt... aber die Serie bleibt dennoch viel zu gut, um da an der Benotung irgendetwas zu verschlechtern.

Fazit: Nach wie vor bleibt "Ozark" großartige Serienunterhaltung - hochspannend, überraschend, hart und wahrlich ein Suchtmittel. Obwohl die ganz neuen Überraschungen fehlen und das Dauerfeuer an Wendungen manchmal zugunsten der emotionalen Tiefe geht, entwickelt sich ein knallharter Plot, der einen quasi an die Mattscheibe bannt.

Note: 2-



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