Obwohl sie zuletzt einen großen Fall gelöst hatte, kann sich Enola Holmes (Millie Bobby Brown) noch nicht richtig als Privatdetektivin durchsetzen, da dieser doch wieder ihrem großen Bruder Sherlock (Henry Cavill) zugerechnet wurde und die starrköpfige Kundschaft sich doch ungern mit einer jungen Frau in diesem Beruf verbünden möchte. Doch dann flattert plötzlich ein Fall herein, der Enolas Aufmerksamkeit voll und ganz in Anspruch nimmt: Die Arbeiterin einer Streichholzfabrik ist verschwunden und soll durch das Talent der jungen Detektivin wiedergefunden werden. Enola recherchiert erst direkt am Arbeitsplatz der Vermissten und findet dort Hinweise für eine weiterreichende Verschwörung. Durch ihre Arbeit zieht sie jedoch auch die Aufmerksamkeit des undurchsichtigen Polizeibeamten Grail (David Thewlis) auf sich...
Ein richtig guter Film war "Enola Holmes" im Jahr 2020 zwar nicht, da der eigentliche Kriminalfall nicht spannend genug war und zudem noch von etlichen Nebenhandlungen rund um eine fade Lovestory sowie einen Geschwisterkonflikt immer wieder ausgebremst wurde. Ein Hit war der Film, sicherlich auch aufgrund der enormen Strahlkraft der Besetzung, dennoch und eine Fortsetzung deswegen schon früh beschlossene Sache. Das Sequel räumt nun mit dem größten Kritikpunkt des Vorgängers auch ordentlich auf: Wo sich die einzelnen Plots sowohl in ihrem Tonfall als auch in ihrer eigenen Dramaturgie ständig im Wege standen, so werden diese nun deutlich stimmiger verbandelt und stehen fast alle direkt im Dienste des wesentlich fokussierter geschriebenen Kriminalfalls. Dieser hält zwar, auch aufgrund einer mal wieder deutlich zu breiten Laufzeit von 130 Minuten, nicht durchgehend bei der Stange, ist aber cleverer und vertrackter erzählt und schraubt sich über die ersten, kleinen Recherchen und Hinweise bis hin zu einem starken Finale immer höher, wobei auch einige Überraschungen funktionieren.
In Sachen Stil und Tonfall bleibt man dem Vorgänger weitestgehend treu, ist aber auch mit dem Zielpublikum gewachsen. Der erste Teil war zwar auch nicht durchweg für Kinderaugen geeignet, doch richtet sich "Enola Holmes 2" nun stärker an ältere Jugendliche. Daran nicht ganz unschuldig ist ein neuer Antagonist, der in seiner Diabolik ziemlich furchterregend ist. Und spätestens während des Showdowns geht es dann auch physisch ordentlich zur Sache - gestorben und geblutet wurde schon vorher, aber hier folgt man dann sehr arg einer düsteren Spur, die jüngere Zuschauer endgültig verschrecken könnte. Das ist aber nur folgerichtig, da auch die Hauptfigur an ihren Aufgaben wachsen muss und der zentrale Fall ihr noch deutlich mehr Hirnschmalz und auch Tatkraft abverlangt. Dass dabei der Humor nicht auf der Strecke bleibt, ist dankbar, führt aber auch dazu, dass Enola selbst als Figur ein wenig ungreifbar bleibt - auf der einen Seite Mord- und Totschlag sehen und kurz darauf wieder kecke Sprüche klopfen, ohne von all den Schandtaten auch nur ansatzweise beeindruckt zu sein, passt nicht so wirklich. Das führt dazu, dass Enola auch im Sequel ein wenig unstet geschrieben bleibt und eine Bindung nicht immer leichtfällt.
An der Leistung von "Stranger Things"-Star Millie Bobby Brown gibt es dabei wenig, aber zumindest ein paar kleine Sachen auszusetzen. Brown wirft sich weiterhin mit viel Elan und Energie in die Rolle, doch etwas weniger überzogenes Grimmassieren und Gesichtsgymnastik, um den jugendlichen Humor zu untermalen, hätte es dann schon sein dürfen, wenn man den Film ohnehin erwachsener gestalten will. Der Rest des namhaften Casts macht seine Sache solide und wird bisweilen etwas mehr gefordert als im Vorgänger. Das kommt gerade "Mission Impossible"-Star Henry Cavill zu Gute, der als cleverer Sherlock ein wenig aus dem Schatten treten darf. Und auch Love Interest Louis Partridge ist diesmal nicht gänzlich charmebefreit, darf lockerer agieren und neben der Liebesgeschichte auch ein paar eigene Faustschläge austeilen. Treu geblieben ist man auch dem Inszenierungsstil, der schnelle Schnitte, einen flotten Soundtrack und das gelegentliche Durchbrechen der vierten Wand beinhaltet. All das funktionierte im Vorgänger bereits und weiß auch hier zu überzeugen. Dementsprechend kann man das Sequel, trotz eigener Schwächen, im Grunde jedem ans Herz zu legen, der bereits den Vorgänger mochte. Wer mit diesem nichts anfangen konnte, wird hier aber auch nicht bekehrt.
Fazit: "Enola Holmes" ist fokussierter, flotter und besser erzählt als der direkte Vorgänger. Mit der Laufzeit hat man es jedoch erneut etwas zu gut gemeint, was den Film immer wieder etwas zäh zerfließen lässt, obwohl Inszenierung, Cast und ein paar nette Überraschungen über diverse Längen hinwegtrösten.
Note: 3
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