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Kammerspiel zweier Unsympathen: Filmkritik zu Daniel Brühl's Regiedebüt "Nebenan"

Daniel (Daniel Brühl) ist ein sehr bekannter, deutscher Schauspieler, der mit seiner Frau Clara (Aenne Schwarz) und den beiden gemeinsamen Kindern im Herzen von Berlin lebt. Für ein Casting soll Daniel nun nach London fliegen und dort für einen US-Superheldenfilm vorsprechen, der sein internationaler Durchbruch sein könnte. Am Tag des Abfluges besucht Daniel seine Stammkneipe, um dort in aller Ruhe noch einmal den Text durchzugehen. Unterbrochen wird er dabei jedoch mehr als einmal von dem Gast Bruno (Peter Kurth), der auf seltsam-aufdringliche Art und Weise agiert... und dabei wesentlich mehr über den wirklichen, privaten Daniel zu wissen scheint, als es diesem gefällt.

Daniel Brühl, unser derzeit wohl wichtigster und bekanntester Mann in Hollywood, hat mit seinem Regie-Debüt, welches unter schwierigen Bedingungen während der grassierenden Corona-Pandemie produziert wurde, rein inszenatorisch ein sehr ordentliches Stück vorgelegt. Brühl macht sich die eng gesteckten Grenzen seines Kammerspiels sehr sinnig zunutze, denn obwohl der Film bis auf wenige Ausnahmen nur im Inneren einer Berliner Kneipe spielt, findet der Regisseur immer wieder stimmige Bilder, um diese Location zu nutzen. Das Tempo bleibt dabei, auch aufgrund diverser emotionaler Fallhöhen, durchweg hoch und in den wenigen Momenten, in denen die Hauptstadt Berlin in Szene gesetzt werden darf, geschieht dies auf stilvolle Art und Weise. Auch die vorsichtig eingespielte Musik tut ihr Übriges dazu, eine gewisse Atmosphäre aufzubauen.
Brühl inszeniert sich zudem auf gewisse oder auch mal sehr exzessive Art selbst. Nicht nur übernimmt er eine von zwei Hauptrollen in seinem Regie-Debüt, sondern streut auch sehr auffällig viele reale Begebenheiten seiner eigenen Karriere ein. Diverse Filme werden zwar nicht wirklich genannt, aber die Parallelen sind mehr als auffällig und Filmfans werden sicherlich sofort an einen speziellen Comic-Blockbuster nennen, wenn es heißt, dass Schauspieler Daniel mit diesem seinen internationalen Durchbruch am Haken hat. Ob Brühl mit diesem Werk ein paar tatsächliche Begebenheiten, wenn auch dramaturgisch verdichtet und verformt, verarbeitet, das blieb sein Geheimnis. Die Spurensuche nach diversen Parallelen und einigen clever zurechtgestutzten Klischees macht aber durchaus Freude, auch wenn man hier und da etwas arg überzeichnet und Daniel etwas zu sehr in die Schublade eines bemüht freundlichen, letztendlich aber oberflächlichen Filmstars stecken möchte.
Problematisch wird es nämlich bei der genauen Austarierung der Figuren. Beide Parteien kommen dabei höchst unsympathisch und unnahbar daher, was es generell schon mal erschwert, eine wirkliche, emotionale Bindung aufzubauen. Wenn sich zwei Unsympathen durchweg Beleidigungen an den Kopf werfen, interessiert es nun mal weniger als wenn man zu einem von ihnen wirklich eine positive Connection aufbaut. Zudem fühlen sich weder Daniel noch Bruno wie wirkliche Menschen an - obwohl beide grandiose, darstellerische Leistungen aufs Parkett legen, fühlen sich die Dialogzeilen merkwürdig gestelzt an und oftmals wird eine glaubwürdige Charakterisierung der nächsten Wendung untergeordnet. Das wird dann vor allem gegen Ende arg effekthascherisch und kann sich, trotz eingestreute, bitterbösen Humorspitzen und der leichtfüßigen Inszenierung, nicht von einer zu sehr gewollten Angestrengtheit freimachen. Die Glaubwürdigkeit geht bei all den recht klischeehaften Enthüllungen alsbald verloren und endet zudem an einem Höhepunkt, der als solcher zwar recht deutlich nachwirkt, aber eben doch nur wie ein letzter Tusch nach einem Sammelsurium aus enttarnten Geheimnissen wirkt.

Fazit: Brühl spielt außerordentlich, er führt die Regie außerordentlich... aber das Skript ist nicht außerordentlich. In dem Bemühen, einen Klischee-Charakter zu entblättern, fallen leider noch mehr Klischees und effekthascherische Pseudo-Geheimnisse. Das ist schauspielerisch eine starke Nummer, die aber niemals glaubhaft oder anziehend wirkt, da die zentralen Figuren in ihrer Überhöhung zu unnahbar und unsympathisch bleiben.

Note: 3-



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