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Lieben oder hassen - ich habs gehasst: Filmkritik zu "Mandy" (2018)

Im Jahr 1983 lebt der Holzfäller Red Miller (Nicolas Cage) gemeinsam mit seiner Freundin, der Künstlerin Mandy Bloom (Andrea Riseborough) abgelegen in einer kleinen Hütte in der Mojave-Wüste in Kalifornien. Beide führen ein besinnliches Leben, bis Mandy eines Tages auf dem Weg zur Arbeit von einer christlichen Endzeitsekte und deren Anführer Jeremiah Sand (Linus Roache) beobachtet wird. Dieser beschließt in seinem Wahn, dass er Mandy für sich haben will und dringt brutal in das Leben des Liebespaares ein. Die Rechnung hat er dabei jedoch ohne Red gemacht, denn der schwört kurz darauf blutige Rache...

"Mandy" wurde im Jahr 2018 regelrecht euphorisch aufgenommen - sowohl Filmfans als auch grimmige Kritiker bescheinigten dem zweiten Langfilm von Regisseur Panos Cosmatos Kultfilm-Charakter. Sieht man sich heute diverse User-Kritiken an, könnten die Meinungen jedoch nicht geteilter sein. Vielerorts wird der Film mit Höchstwertungen bedacht, während gegenüber beinahe ebenso viele extrem negative Reviews stehen - dazwischen gibt es fast nichts. Und es scheint tatsächlich nur schwer vorstellbar, dass man einen Film wie diesen irgendwie nur ganz okay finden könnte. Hier scheint es wirklich nur die Wahl zu geben, ihn zu hassen oder zu vergöttern. Ich jedenfalls habe ihn gehasst und habe zu keiner Sekunde auch nur irgendeine Bindung aufbauen können. Weder zu den Figuren noch zu der schier wahnwitzigen Inszenierung des Regisseurs noch zum Plot. Was letzteres angeht, dürften mir aber gar die euphorischen Fans des Films zustimmen, denn niemand dürfte "Mandy" wegen seiner Handlung abfeiern.
Diese ist nämlich so dünn, dass sie auf einen halben Bierdeckel passt und präsentiert uns im Grunde nur eine so schon x-fach gesehene Rachegeschichte, die am Wegesrand keinerlei Abzweigungen mitnimmt oder diese auch nur kurz anguckt. Die Fans lieben "Mandy" viel mehr aufgrund der Inszenierung, für welche sich Cosmatos entschieden hat. Und man kann durchaus anmerken, dass die Verneigung vor den Extreme-Gore-Filmen der 70er und 80er, denen sich der Regisseur hier verpflichtet, in dieser Form gelungen ist. Mit Heavy-Metal-Stilrichtungen, knalligen Farben und einem dröhnenden Soundtrack (übrigens die letzte Arbeit von "Sicario"-Komponist Johann Johannsson, der knapp einen Monat nach der Premiere überraschend im Alter von 49 Jahren verstarb) puscht er in jegliche Richtungen und scheint möglichst laut gegen das Nichts von Handlung rebellieren zu wollen. Superzeitlupen von Nicolas Cage's im Wahnsinn zerfressener Fratze, viel Geschrei und Getöse... aber eben auch viel Leerlauf. Denn im Prinzip passiert in diesem Film wenig oder gar nichts. Die obligatorische Rachenummer wird während der finalen vierzig Minuten fast leidenschaftslos abgefrühstückt, wenn sich Red ohne größere Schwierigkeiten durch die Reihen der komplett durchgeknallten und in dieser Form auch ziemlich farblosen Antagonisten schnetzeln kann.
Das wirkt so, als würde Cosmatos hier einfach Dienst nach Vorschrift verrichten und darauf vertrauen, dass seine wildgewordene Inszenierung im kranken Musikvideo-Stil mit Flackerlichtern und roten Scheinwerfern schon irgendwie ausreichen würde. Und die positiven Kritiken geben ihm prinzipiell Recht, doch ich habe mich ernsthaft gefragt - reicht eine unoriginelle Kopie von Inszenierungen, die vor über vierzig Jahren in den Nischen gefragt und geliebt waren, aus, um einen Film komplett abzufeiern? Für mein Verständnis ist das tatsächlich der Bodensatz und angesichts der Tatsache, dass ich mit dieser ziemlich schrägen und auch selbstverliebten Performance sowieso nichts anfangen kann und "Mandy" abgesehen davon rein gar nichts von Interesse bietet, war ich beinahe sauer. Ein Film, der sich selbst so sehr liebt, ruht sich dabei auf unvollendeten Tatsachen aus und ist dabei auch noch so frech, nichts weiter zu bieten als das, was Fans ohnehin geifernd entgegennehmen. Ich war jedenfalls froh, als das Ding mit einem letzten, obskuren Bild endlich aus war.

Fazit: "Mandy" ist überinszenierte Zeitverschwendung, die weder Mühen auf sich nahm, um irgendeinen Plot abzuleiern und in seiner drögen, tranceartig-zerklüfteten Atmosphäre nur seltsamen Style, aber keinerlei Substanz bietet. Nur für Fans, aber auch denen hätte man noch etwas mehr bieten können als schräge Kunst ohne Boden.

Note: 6+



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