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Lovestory im Drogensumpf: Filmkritik zu "Candy - Reise der Engel"

Candy (Abbie Cornish) und Dan (Heath Ledger) sind seit längerer Zeit ein Paar - sie versucht sich als Malerin, er arbeitet als Dichter, allerdings ist für beide der große Erfolg ausgeblieben. An ihrer Liebe zueinander hat das nichts geändert, doch wird sie von anderer Seite auf die Probe gestellt: Beide hängen an der Nadel. Zu Beginn feiern sie ihr Leben mit den Drogen noch, selbst als sie sich einigen Verbrechen hingeben müssen, um das nötige Geld für den nächsten Schuss zusammenzubekommen. Doch mit der Zeit wird das Leben im sprichwörtlichen Himmel zu einem Abstieg in den Sumpf - mit den Geldsorgen folgen die Beziehungsschwierigkeiten und der Sturz in die niedersten Regionen des menschlichen Lebens.

Blickt man auf die Rollen zurück, die Heath Ledger in seiner viel zu kurzen Karriere gespielt hat, wird "Candy" seltener erwähnt. Vielleicht liegt dies daran, dass man die Rolle eines Drogensüchtigen ein wenig verschweigen möchte, nachdem Ledger im Jahr 2008 durch einen fatalen Medikamentencocktail zu Tode kam. Es lässt sich jedoch nicht verhehlen, dass auch diese Performance einen ordentlichen Marker in seiner beeindruckenden Vita hinterlässt - er agiert nicht so eklatant wie in "The Dark Knight" oder "Brokeback Mountain" beispielsweise, doch seine zurückgenommene, beinahe stille Darstellung eines Drogensüchtigen, der sich seiner Sucht durchaus bewusst ist, aber entweder zu faul oder viel zu perspektivlos ist, um diese zu bekämpfen, ist mehr als wuchtig. Ihm gegenüber steht Abbie Cornish, deren Performance gemeinhin lauter ausfällt und die daher, auch da sie auf eine andere Art das Herz der Geschichte darstellt, einen starken Konterpart bietet.
Diese beiden Darstellungen, teils mitgetragen durch eine sehenswerte Performance von Oscarpreisträger Geoffrey Rush in einer prägnanten Nebenrolle, sind es dann auch, die "Candy" ihren Boden verleihen. Darüber hinaus hat der Film aber wenig zu erzählen, was wir nicht anderswo bereits besser gesehen haben. Sicher, das Werk bietet immer wieder herzergreifende oder auch -zerreißende Momente, wenn wir sehen, wie sich die beiden Charaktere von grundauf selbst oder gegenseitig zerstören. Doch vorherige Filme, wie zum Beispiel der wahnsinnig intensive "Requiem for a Dream", fanden eine wesentlich beeindruckendere, weil noch deutlich düsterere Bildsprache, um den Kampf im Drogensumpf zu visualisieren und ihn fürs Publikum förmlich spürbar zu machen. Die zentralen Konflikte, so zum Beispiel die rund um Candys Eltern oder einer ungewollten Schwangerschaft, werden ohne effekthascherische Klarheiten erzählt, entfalten aber zu selten die wirkliche Wucht.
Und so läuft der Film in recht vorhersehbaren, weil so schon oft gesehenen Bahnen voran. Er langweilt nicht, da die Inszenierung in ihren symbolkräftigen Bildern zu sicher ist und Ledger und Cornish in den Hauptrollen fast durchweg brillieren. Es bleibt anschließend aber auch nicht allzu viel hängen als das Übliche des Genres, welches bittersüß, aber eben auch altbekannt erzählt wird. Man weiß schon früher, dass die Hochphase des Liebespaares nicht anhalten wird - die Unterteilung in drei Kapitel namens "Himmel", "Erde" und "Hölle" verdeutlicht diesen Abstieg relativ konsequent und verfolgt ihn auch: Es wird immer erst besser, bevor es wieder schlimmer wird. Als solcher ist "Candy" somit durchaus sehenswert, auch weil er im Mittelteil keinerlei Hänger besitzt und sogar relativ frisch und einfallsreich davon erzählt, wie sich die beiden Figuren in ihren Geldsorgen suhlen und kreative Einfälle finden, um diesen vorzubeugen. Wer jedoch schon mehrere Werke mit diesem Thema gesehen hat, findet hier nichts Neues.

Fazit: Ledger und Cornish brillieren ebenso sehr wie die klare, leise Inszenierung. Allerdings erzählt "Candy" in seiner zurückgenommenen, altbekannten Haltung nichts, was man in anderen Werken nicht schon kreativer, intensiver und wuchtiger zu sehen bekommen hätte.

Note: 3



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