Direkt zum Hauptbereich

Unstoppable - Außer Kontrolle

Helden des Alltags sind ein schönes Thema... und das schönste daran ist, dass wir alle ein Teil davon sein können. Ganz gleich, ob wir einer älteren Dame über die Straße helfen, ob wir einem Obdachlosen ein Sandwich besorgen, ob wir einfach mal da Hilfe leisten, wo gerade Hilfe gebraucht wird... wenn wir die Augen aufmachen, hinsehen, anpacken und somit auch ein Vorbild sind, können wir alle in unserem Rahmen Helden sein. Normale Menschen können dabei schlichtweg über sich hinauswachsen, so wie es auch zwei Männer im 2001 taten, als ein führerloser Zug davonraste - beladen mit giftigen Chemikalien. Die beiden mussten zwingend zu Helden werden, um die Katastrophe eventuell abzuwenden... und der verstorbene Action-Regisseur Tony Scott bedachte sie daher im Jahr 2010 mit einem eigenen Film.

UNSTOPPABLE - AUSSER KONTROLLE


Am Rangierbahnhof "Fuller Yard" setzt sich ursprünglich ein gigantischer Zug mit neununddreißig Waggons in Bewegung - aufgrund der Unachtsamkeit des Arbeiters Dewey (Ethan Suplee). Das "Biest", wie es genannt wird, gewinnt schnell an Fahrt und rast über die Gleise. Während die Fahrdienstleiterin Connie Hooper (Rosario Dawson) versucht, Informationen über die offensichtlich gefährliche Ladung an Bord zu bekommen, beschließen der kurz vor seiner Rente stehende Lokführer Frank Barnes (Denzel Washington) und sein neuer, junger Partner Will Colson (Chris Pine), das Ding aufzuhalten... indem sie sich selbst, nachdem vorherige Maßnahmen von außen versagten, in Lebensgefahr bringen.

Der im Jahr 2012 durch Suizid verstorbene Regisseur Tony Scott hatte stets seinen eigenen, leicht wiedererkennbaren Stil... und diesen zieht er auch in seinem letzten Film durch. Erneut besetzte er die Titelrolle mit Actionstar und Oscarpreisträger Denzel Washington, mit dem er auch bereits zuvor in seinen Werken "Mann unter Feuer" und "Die Entführung der U-Bahn Pelham 123" zusammenarbeitete. Washington und der neben ihm aufspielende Chris Pine, der hier kurz nach seinem endgültigen Durchbruch mit dem "Star Trek"-Reboot auftrat, machen ihre Sache ebenso wie die namhaft besetzten Nebendarsteller durchweg gut.
Gerade die kleinen Momente, in denen sich Washingtons Frank Barnes und Pines Will Colson untereinander austauschen, sind kleine Goldstücke. Für Scott wäre es ein leichtes gewesen, einfach die Action vorherrschen zu lassen und weitestgehend tut er das auch. Doch diese kleinen Momente, in denen sich zwei Männer, die eventuell dem Tod ins Auge blicken müssen, unterhalten, weil sie die einzigen sind, die sich gegenseitig noch haben, das hat eine tiefergehende Dramatik, die man so kaum erwartet hätte. Da Scott diese auch nicht überspitzt, behalten diese Momente ihren menschlichen Tonus - die Inszenierung bleibt realistisch und erzählt nicht die Geschichte zweier unkaputtbarer Helden (in anderen Händen hätte sie nämlich leicht in genau das abdriften können), sondern schlichtweg zweier Männer, die sich entscheiden, einzugreifen.
Für anderthalb Stunden sorgt Scott dann nicht unbedingt für ungebrochene Hochspannung, aber immer wieder für enorm wirkungsvolle Adrenalinstöße. Sein rasch geschnittener Stil mag nicht jedem gefallen, doch wenn er den außer Kontrolle geratenen Zug mit deftigem Sounddesign wie eine Art unaufhaltsames Monster darstellt, dann hat das durchaus unverfehlbare Wirkung. Die Actionszenen haben dabei auch aufgrund ihrer handwerklichen Brillanz absoluten Wumms - Scott griff nur selten auf Spezialeffekte zurück, konzentrierte sich lieber auf echte Stunts. Das Ergebnis solch realistischer Action ist dann auch deutlich zu sehen: "Unstoppable" wirkt niemals künstlich und atmet den Touch von ganz starken Actionthrillern wie "Speed". Ganz kommt er an diese Qualität dann jedoch nicht ran, da die Charakterzeichnung im Kern doch etwas unterwältigend bleibt. Die kleinen Momente bleiben Mangelware, weitestgehend konzentriert sich Scott auf die Action.
Dabei ist die erste Hälfte, in der Männer und Frauen von außen versuchen, den Zug zu stoppen, noch die weniger aufregende, wissen wir doch schließlich, dass diese Versuche fehlschlagen werden - sonst müssten sich Barnes und Colson nicht in den Sattel schwingen, um aufzuräumen. Sobald sie dies tun und einige etwas gezwungen wirkende Entschuldigungen und Lebensbekenntnisse ausgetauscht wurden (beide reden von ihrer Vergangenheit, was aber eher pflichtschuldig denn wirklich nötig und echt wirkt), gibt es dann auch kaum ein Halten mehr. Der Showdown mag beinahe ein wenig zu lang dauern, wie er sich jedoch von einem atemlosen Höhepunkt zum nächsten schwingt, das muss man in dieser schnörkellosen Form dann doch einfach mal gesehen haben.

Fazit: Rasanter Thriller, angelehnt an eine wahren Begebenheit, der mit einem hohem Tempo schlichtweg dahinrast und dennoch Zeit besitzt, um seine Hauptdarsteller angemessen zu fordern. Das ist dann eher kurzweilig als durchweg packend, dafür aber brachial inszeniert und in den Actionszenen sehr überzeugend.

Note: 3+





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid