Das Horrorgenre lässt sich in seiner Vielfalt in etliche Subgenres unterteilen, die teils unterschiedlicher kaum sein könnten. Zu den bekanntesten und erfolgreichsten zählen gerade zur heutigen Zeit diverse Spukfilme wie die "Conjuring"-Reihe oder "Insidious" sowie Slasher - Klassiker wie "Halloween" oder "Scream" gehören zu diesen. Und dies ließe sich beinahe unendlich weiterführen: Tierhorror wie "Der weiße Hai" oder "Die Vögel", Gore, Splatter, sogar mit dem Horror verbandelte Psychothriller wie "Saw". Und sie alle haben eins gemeinsam: Sie wollen uns Schrecken einjagen. Das Subgenre des sogenannten Body-Horrors beliefert dabei die Angst vor der verlorenen Kontrolle über den eigenen Körper und David Cronenberg fühlt sich in diesem Genre seit jeher sehr wohl - nicht ohne Grund ist sein vielleicht bekanntester Klassiker "Die Fliege" genau darin angesiedelt und versteht auch heute noch zu packen und zu ekeln.
DIE FLIEGE
Der verkopfte Wissenschaftler Seth Brundle (Jeff Goldblum) führt der Journalistin Veronica Quaife (Geena Davis) seinen hoffentlichen Durchbruch vor: Ein Experiment, mit dem er Gegenstände teleportieren kann. Erst belächelt Veronica den ihr offensichtlich verfallenen Seth, doch dann riecht sie dahinter eine Story und unterstützt ihn in seinem Vorhaben. Brundles Ziel geht jedoch höher: Er will Tiere und schließlich Menschen teleportieren können und lässt sich daher, nachdem ihm die Teleportation eines Pavians gelingt, auf einen gefährlichen Selbstversuch ein. Dabei gerät jedoch von ihm unbemerkt eine Fliege in die Teleportationskammer und Brundle beginnt anschließend, merkwürdige Dinge an sich festzustellen...
Jeff Goldblum kennen die meisten heute aus der "Jurassic Park"-Reihe oder dem dritten "Thor"-Film innerhalb des Marvel Cinematic Universe - seinen richtigen, darstellerischen Durchbruch feierte er jedoch im Jahr 1986 unter "Maps to the Stars"-Regisseur David Cronenberg, als dieser ein Remake des 1958 erschienenen Horrorfilms "Die Fliege" drehte. Und Goldblum ist es auch, der diesen Film, der heute als Klassiker des Bodyhorrors gilt, zusammenhält und beherrscht. Er bringt sowohl die tragische Seite seines Charakters, der sowohl mit sich selbst als auch mit seinen Zielen hadert, perfekt auf den Punkt: Mit leisem Humor, Extravaganz, Ausstrahlung, gewissem Charme und Engstirnigkeit.
In den seltensten Momenten vor dem wesentlich mainstreamigeren, in sich aber dennoch beeindruckenden Finale, ist "Die Fliege" dabei ein reiner Horrorfilm. Er lässt sich viel Zeit, um die beiden Hauptfiguren und auch das im Fokus stehende wissenschaftliche Experiment einzuführen - als sich Brundle schließlich in den Selbstversuch begibt, ist bereits über ein Drittel rum und man hat sich definitiv nicht gelangweilt. Denn selbst wenn man weiß, was geschieht, beherrscht Cronenberg die Klaviatur der leisen Angst so perfekt, dass man ihm nur zu gerne dabei zusieht. Er erschafft eine eindringliche Atmosphäre, nimmt sich Zeit für die einzelnen Schritte und erschafft gerade so in der zweiten Hälfte einen sich langsam anbahnenden und deshalb so wirkungsvollen Horror, der sich bis ins Mark einbrennt.
Die Momente, in denen Brundle selbst beginnt zu registrieren, dass mit ihm etwas überhaupt nicht stimmt (nachdem er sich zu Beginn noch ungemein wohlfühlt), sind intensiv und markerschütternd - das liegt zum einen an der schier ekelerregenden Inszenierung, wenn Cronenberg in Detailaufnahmen den Körper seines Protagonisten zerfallen lässt, zum anderen auch an einer erschütternden Performance seitens Goldblum, der hier so bodenständig, nuanciert und glaubwürdig agiert, dass er sich dabei jeglichem Horror-Klischee dieser Zeit von grundauf verschließt. Der Terror kommt schleichend, entlädt sich später mit all seiner Kraft, ohne dabei aber die bewegende Dramatik seiner Figuren zu verlieren. Selbst wenn man sich später in einem reinen Monster-Horror zu verlieren glaubt, so hat Brundles Charakter noch immer Seele, wir sehen den Menschen und das Verlangen darin. Cronenberg lag offensichtlich viel an der menschlichen Variante, die er hier mit einigen grausamen Ekeleffekten verknüpft.
"Die Fliege" ist dabei bemerkenswert gut gealtert und die Make-Up-Effekte, die damals auch mit dem Oscar ausgezeichnet wurden, sind schlichtweg meisterhaft. Selbst ich, der ich ein erfahrener Horrorgucker bin und der angesichts von zig herausgerissenen Gedärmen im Grunde nur noch müde mit den Schultern zuckt, musste mich bei einigen Momenten zum Hinsehen zwingen, so detailliert und atmosphärisch geht Cronenberg dabei vor. Ein Horrorfilm, der also wesentlich mehr bewegt als zu gruseln, der mehr schockiert als oberflächlich erschreckt. Trotz einiger kleiner Längen und eines im Kern ziemlich mauen Subplots rund um eine frühere Beziehung von Veronica, der viel Tempo rausnimmt und auch trotz eines in dieser Hinsicht etwas zu dick aufgetragenen Showdowns ist das hier wirklich gutes Genre-Kino: Erfrischend anders, ekelerregend und dramatisch auf dem richtigen Ton.
Fazit: In manch einem Subplot hapert es, ansonsten ist "Die Fliege" aber bemerkenswert spannend, dramaturgisch perfekt austariert. Der Schrecken schleicht sich langsam ein und schon lange bevor dieser atmosphärisch und teils ekelerregend von der Leine gelassen wird, überzeugt der Film bereits mit einem Jeff Goldblum in Bestform und einer ebenso charmanten wie zielgerichteten Inszenierung.
Note: 2-
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