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Fighting with my Family

Eine Woche nach dem wohl größten Film des Jahres zu starten, ist immer ein zweischneidiges Schwert. Im besten Fall kann man ein Kontrastprogramm bieten für all diejenigen, die sich nicht von dem gigantischen Blockbuster anziehen lassen - im schlechtesten Fall läuft man komplett unter dem Radar. "Avengers: Endgame", der jetzt schon der aussichtsreichste Kandidat für den besten Film des Jahres sein dürfte und zudem am Startwochenende sagenhafte 1,2 Milliarden (!) Dollar eingespielt hat, hat die Kinos noch immer fest im Griff, jeder andere Film hat es daher schwer. Das gilt trotz der Starpower eines diesmal in einer Nebenrolle agierenden Dwayne Johnson auch für "Fighting with my Family", eine wahre Wrestlergeschichte, in der, wie der Titel schon sagt, auch der Kampf für und gegen die eigene Familie im Vordergrund steht...

FIGHTING WITH MY FAMILY


Schon seit er ein kleiner Junge war, träumt Zak Knight (Jak Lowden) davon, ein großer Wrestling-Star zu werden - dieser Traum wurde ihm förmlich von seinen Eltern, den etwas weniger erfolgreichen Sportlern Ricky (Nick Frost) und Julia (Lena Headey) weitergegeben. Zaks kleine Schwester Raya (Florence Pough) nahm diesen Traum erst als dreizehnjährige für sich wahr, kann seitdem aber auch an kaum etwas anderes denken. Als die beiden Geschwister nach einem Bewerbungsvideo die Chance zu einem Probetraining für das WWE zu erhalten, ist die ganze Familie aus dem Häuschen... bis Raya ihrem Bruder den Traum wegschnappt. Nun muss sie sich entscheiden, ob sie ihr Ziel weiterhin verfolgen, dabei aber Zak ausstechen will, oder ob sie aufgibt und damit ihrer ganzen Familie und sich selbst die Chance nimmt, ein Star zu werden.

Manchmal kann man durch Filme noch richtig etwas lernen. Ich bin bislang wirklich nicht mit dem Thema Wrestling in Berührung gekommen - vor einigen Jahren sah ich "Foxcatcher", fand ihn nur mittelmäßig und das war es dann irgendwie auch, mit der Ausnahme der Sichtung von "The Wrestler", den ich sehr mochte. Ansonsten hat mich das Thema aber schlichtweg nicht interessiert, doch der Trailer zu "Fighting with my Family", der nur eine Woche nach seinem Start in direkte Konkurrenz zu "Avengers: Endgame" tritt (und angesichts des nächste Woche startenden "Detective Pikachu" auch unter dem Radar laufen wird), sah zu gut aus. Und tatsächlich: Ich habe mich rundum unterhalten gefühlt und dank dieser so tatsächlich abgelaufenen Geschichte auch einige Dinge gelernt. 
Dass Wrestling nämlich weitestgehend geskriptet ist, hier anders als beim Boxsport also nicht zwingend der Stärkere gewinnt, wusste ich bislang nicht. Dies hätte der Dramaturgie eines solchen Films sicherlich schaden können und hin und wieder kommt man sich als Nichtkenner doch etwas verloren vor - wann ist ein Kampf nun ein echter Titelfight, wann ein vollkommen durchgeplantes, wenn auch körperlich weiterhin forderndes und schmerzhaftes Zirkusstück? Hat sich Dwayne Johnson, der sich hier in einigen eher kuriosen als wirklich passenden Auftritten selbst spielt, seine Karriere auch so erarbeitet oder war er halt wirklich ein starkes Tier? Diese Fragen kann der Film auch nicht alle beantworten, ich müsste mich also eher mit einem echten Profi oder Fan darüber unterhalten. 
Das Gute an "Fighting with my Family" ist jedoch, dass auch ein Noob wie ich, der von dem Thema nichts versteht, durchaus seinen Spaß haben kann. Es geht nämlich weniger um diesen kraftstrotzenden Sport, mehr um das Verfolgen eines Traums, um die Familie, um das eigene Selbst und den Mut, seinen eigenen Weg zu gehen. Dass der Traum dieses jungen Mädchens eben der ist, ein Wrestling-Star zu werden, spielt da eher eine untergeordnete Rolle und gerade die Momente, in denen sie sich mit Gegnern und Verbündeten im Ring austurnt, stechen dabei seltsam heraus. Da sind plötzlich schier clowneske Kostüme, wütendes Brüllen, Chargieren - das steht im harten Kontrast zu der ansonsten manchmal schrillen, weitestgehend aber sehr herzlichen und bodenständigen Geschichte. Und die kann man sich über gute 105 Minuten dann wirklich bestens ansehen, hat mit Florence Pough, die wohl demnächst auch im "Black Widow"-Film mit von der Partie sein wird, eine toughe Hauptdarstellerin am Start und mit "Dickste Freunde"-Star Vince Vaughn einen absolut herrlichen Scene Stealer, der ohne Albernheiten etliche Lacher sammelt. 
Auch dank einer ebenso schrillen wie glaubwürdigen Familie im Hintergrund findet "Fighting with my Family" sein Herz immer wieder. Zum großen Finale trippelt man dann etwas zu flott und begräbt einige der zuvor doch etwas aufgebauschten Konflikte zu rasch, damit sich am Ende schließlich alle wieder in den Armen liegen können. Das ist dann aber zum Abschluss nur ein ganz winziger Kritikpunkt, denn wenn diese wahre Geschichte schon so viel Herz hat, darf man zum Ende auch ein wenig Friede, Freude, Eierkuchen feiern. Nein, das ist schon alles sehr schön, zwischendurch sehr witzig, ohne albern zu werden und hat viel Schwung und sportlichen Eifer. Das Kontrastprogramm zum größten Marvel-Film aller Zeiten hat also doch mehr zu bieten als anfangs gedacht.

Fazit: Schwungvoller Mix aus sportlichem Drama und Komödie, mit Newcomerin Florence Pough in Bestform. Wrestling-Fans bekommen einen interessanten Blick hinter die Kulissen des Sports, alle anderen werden von den sympathischen Figuren und den spannenden Konflikten bei Laune gehalten - durchweg überzeugendes Kino!

Note: 2-






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