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The Silence

Irgendwie hat sich der Horrorfilm "The Silence" eine unpraktische Zeit ausgesucht und kommt ziemlich genau nach zwei Schockern, die sich des Themas bereits mit großem Publikumserfolg gewidmet haben: Der Horror, der leise kommt und bei dem auch die Protagonisten keinerlei Geräusch von sich geben dürfen, da sonst der rasche und brutale Tod naht, wurde 2018 bereits in dem Megaerfolg "A Quiet Place" und zum Jahresende auf Netflix mit "Bird Box" verarbeitet - beides waren für sich durchaus wirkungsvolle Streifen. "The Silence" sah von Anfang an aus, als wolle er auf dieser Welle noch mitreiten, es bleibt aber skeptisch abzuwarten, ob man daraus ebenso viele Millionen zimmern kann - ist das Thema nicht eigentlich mittlerweile wieder durch? Das dachte ich zumindest, als ich im Kinosaal Platz nahm, um mir den Gruselthriller mit Stanley Tucci in der Hauptrolle anzusehen...

THE SILENCE


Bei einem Wandbruch in eine bislang unerforschte Höhlenregion in Pennsylvania wird plötzlich eine neue Spezies von Tieren entdeckt: Diese fledermausartigen Wesen, bald Wespen genannt, rasen an die Oberfläche und greifen alles an, was nur den geringsten Laut von sich gibt. Der Ausnahmezustand wird ausgerufen, es gibt Millionen Tote und noch mehr Verletzte. Eine kleine, sechsköpfige Familie rund um Familienvater Hugh (Stanley Tucci) beschließt, die Stadt zu verlassen und sich in eine ruhigere Gegend durchzuschlagen - dadurch, dass seine älteste Tochter Ally (Kiernan Shipka) taub ist, haben sie sich alle bereits daran gewöhnt, in der Stille zu leben und rechnen sich höhere Überlebenschancen aus. Doch der Weg in die Freiheit ist ein ebenso gefährlicher wie beschwerlicher, denn die "Wespen" sind überall...

Ja, das kennen wir tatsächlich schon, da "The Silence" aber bereits in Produktion ging, bevor sich "A Quiet Place" zu solch einem Monsterhit entwickelte, kann man jetzt nicht gleich von einer seelenlosen Kopie sprechen. Im direkten Vergleich schlägt sich der Horrorfilm von "Wish Upon"-Regisseur John R. Leonetti dann auch gar nicht so übel, auch wenn er es nicht mit seinen beiden "Vorbildern" aufnehmen kann. Dafür mangelt es ihm nämlich an einer spezielleren Note, die den Film von anderen Endzeit-Horror-Werken abheben würde, eigene Ideen besitzt er nämlich kaum. Die hörbehinderte Tochter kennen wir bereits aus John Krasinskis "A Quiet Place", blinde, dafür aber umso besser hörende Monster ebenfalls. Auch dass es letztendlich der Mensch selbst im Angesicht der zusammenbrechenden Gesetzlage ist, der vielleicht nicht durchgehend die größte, aber dennoch eine deutliche Gefahr ist, kennen wir zu Genüge aus der Zombie-Serie "The Walking Dead" - im letzten Drittel, wenn die Familie plötzlich einer Gruppe Wahnsinniger entgegentreten muss, gibt es also auch nichts wirklich Neues. 
Trotzdem gelingt es Leonetti, dieses Sammelsurium aus altbekannten Horrormanirismen relativ intensiv zu inszenieren. Gut, einige Spannungsspitzen erreicht er nur, weil sich manche der Charaktere richtiggehend dummdreist verhalten (warum lässt man ein technisches Gerät, welches die blinden Wespen in Massen abtötet, nur für wenige Sekunden aktiviert?) und indem er die Hörfrequenz der Monster immer wieder abändert. Anscheinend gibt es nämlich einen großen Unterschied zwischen einem lautstark geführten Facetime-Gespräch und einem leisen Schritt auf dem Asphalt. Das wirkt nicht sonderlich gut durchdacht, hin und wieder sogar einfach nur schluderig dahingeschrieben, um die Protagonisten von einer gefahrvollen Situation in die nächste zu schicken und hin und wieder auch mal ein Bauernopfer zu fordern - wer dabei ins Gras beißen muss oder sich heldenhaft opfern darf, ist in dieser Hinsicht letztendlich auch keine sehr große Überraschung. 
Das fällt dann zwar alles schon auf, aber es hält die Spannung bis zum Finale und dem etwas abrupten Ende, welches gar eine Fortsetzung in den Raum stellt (angesichts der schwachen Besucherzahlen werden wir diese aber wahrscheinlich nicht zu Gesicht bekommen), recht deutlich oben. Leonetti hält sich weniger mit Subplots auf, sondern stellt seine Ausgangssituation in den Fokus. Das tut er in Sachen Atmosphäre nicht so dicht wie in "A Quiet Place", der streckenweise minutenlange Szenen hat, in denen kein Geräusch fällt - er inszeniert etwas direkter, mit tosender Musik und viel Lärm, was angesichts des Themas etwas zu dick aufgetragen ist. 
Immerhin beherrscht er sein Handwerk aber, schafft einige sehr spannende Momente und weiß auch seine Schauspieler zu führen. "Der Herr der Ringe"-Star Miranda Otto und besonders der brillante Stanley Tucci sind für solch einen geradlinigen und unoriginellen Horrorfilm zwar eigentlich viel zu gut, immerhin wertet aber letzterer das Treiben durch sein nuanciertes Spiel immer wieder auf. Fast noch besser agiert Kiernan Shipka in der heimlichen Hauptrolle, die außergewöhnlich präsent und natürlich ist und deswegen die Zuschauer auch dank ihrer sympathisch angelegten Rolle sehr schnell auf seiner Seite hat.

Fazit: Preise für Originalität oder ein durchdachtes Drehbuch sackt "The Silence" nicht ein - die Protagonisten verhalten sich nicht sonderlich clever, die Monster sind nicht sehr atmosphärisch inszeniert. Dennoch gelingt den Machern über 90 Minuten ein hohes Tempo und einige spannende Momente, die die Laufzeit wie im Flug vergehen lassen.

Note: 3






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