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Child's Play

Obwohl ich allgemein ein sehr großer Horror-Fan bin, bin ich mit den Filmen rund um Mörderpuppe Chucky niemals in Berührung gekommen. Die Filme gelten heute als Kult, jedoch sehen auch Fans die Schwächen der zumeist etwas trashigen Fortsetzungen ein, heben die Werke also nicht auf ein solch hohes Podest. Vielleicht war ich deswegen nie sonderlich versucht, mich in die Thematik einzuarbeiten, auch wenn ich zumindest grob weiß, worum es dabei ging. Wie so viele Kultstoffe aus vergangenen Zeiten erhält nun auch das rothaarige Puppenbalg Chucky seine Reboot-Neuauflage im Kino - eine Art Remake, welches Chucky in die heutige Zeit transferieren und hoffentlich ein paar neue, jüngere Fans anziehen soll. Für mich soll dieser Film nun der erste Berührungspunkt mit dem Franchise werden und ich hoffte, das Werk auch ohne große Vorabkenntnisse genießen zu können...

CHILD'S PLAY


Die sogenannten "Buddi"-Puppen sind der neue Hit auf dem Spielzeugmarkt. Sie können sich mit jeder KI verbinden und somit daraus lernen, doch sind ihnen in dieser Hinsicht auch Grenzen gesetzt, um niemanden zu gefährden - Fluchen beispielsweise ist nicht drin! Als die junge Mutter Karen Barclay (Aubrey Plaza) ihrem Sohn Andy (Gabriel Bateman) ein offenbar wegen Fehlfunktionen zurückgezogenes Produkt der Linie mitbringt, ist der erst einmal begeistert und tauft seinen neuen Spielkameraden gleich auf den Namen Chucky. Schon bald stellt sich jedoch heraus, dass die eingebauten Sicherheitsschranken bei dieser Puppe nicht greifen... und Andy erschafft ohne Absicht eine mordende Kreatur, die wirklich alles wörtlich nimmt.

Das erlebt man auch nicht alle Tage: In Deutschland sind nun zwei Remakes direkt hintereinander angelaufen und jenes, welches viele womöglich gar nicht so richtig auf den Schirm hatten, sticht das prominentere deutlich aus. Wo nun ganze Familien in die seelenlose Technikdemonstration rennen, die sich "Der König der Löwen" nennt und Disney somit einen Milliardenerfolg bescheren werden, den dieses tricktechnisch beeindruckende, ansonsten aber vollkommen nutzlose Machwerk so nicht verdient hat, läuft im Saal direkt nebenan das x-te Horrorremake. Diesmal hat es Chucky, die Mörderpuppe erwischt und wer angesichts eines auf die heutige Generation zugeschnittenen Remakes nun wild den Kopf schüttelt, dem sei gesagt, dass man sich hierbei wirklich Mühe gegeben hat.
Den Machern rund um Regisseur Lars Klevberg lag offenbar viel daran, den Charme der Originale einzufangen, aber auch genügend anders zu machen, dass sich ein Remake in diesem Sinne wirklich lohnt. So sucht man einen geisteskranken Verbrecher, welcher der zuvor harmlosen Puppe seine Seele leiht, diesmal vergeblich, aber in langsamen und durchaus cleveren Schritten wird auch der neue "Buddi" zu einem Killer. Hier geht man auf passende Art und Weise mit dem Zeitgeist, bringt die Mörderpuppe mit Smartphones, Fernsehern und der modernen Popkultur in Verbindung. Was leicht zu einer etwas mühsamen Farce hätte ausarten können, ergibt hier tatsächlich Sinn - der Film erspielt sich Raum für allerlei Zitate, die Fans abfeiern werden, findet seine eigene Dynamik, weiß aber auch von Chuckys Stand in der Popkultur.
Und deswegen sieht die titelgebende Figur eben so aus wie im Original, auch wenn sich wohl kaum jemand einen Spielkameraden zulegen würde, der schon von Anfang an so gruselig aussieht. Mit der Logik muss man es in einem Film wie diesem aber nicht so genau nehmen, denn dafür machen die Macher darüber hinaus zu viel richtig. Sie finden eine ebenso erfrischende wie unterhaltsame Symbionte aus Humor und bösartigem Horror, bleiben unter der 90-Minuten-Grenze, legen ein hohes Tempo vor, agieren aber nicht gehetzt. So macht besonders die erste Hälfte sehr viel Laune, wenn Chucky nur langsam zu der bösartigen, metzelnden Kreatur wird... und das besonders durch Einfluss von außen. Schaut man genauer hin, kann man hier und da sogar ein wenig gemeine Kritik erkennen, die sich an die Regierung und die Gesellschaft richtet - "Child's Play" ist in diesen Momenten gar mutiger und intelligenter als viele seiner geradlinigen Horror-Kollegen. Mit seinem frechen Humor fühlt er sich manchmal beinahe wie eine Satire an und schafft es somit, relevant zu sein, ohne seinen Unterhaltungsfaktor einzubüßen.
Einzig während seines Showdowns drückt der Film dann doch etwas harsch auf die Bremse und man merkt, dass man sich hier an eine FSK-16 halten musste. Zwar ist "Child's Play" auch in seinem brutalen Finale noch angemessen blutig, verschleiert gewisse Szenarien aber auch in seinem wilden Schnitt. Ansonsten gibt es aber wenig zu mäkeln: Sämtliche Schauspieler machen einen guten Job, man hat viel zu lachen und sich manchmal auch zu erschrecken. Wirklich gruselig ist das Chucky-Reboot erwartungsgemäß nicht, stützt sich lieber auf seinen Unterhaltungswert, aber auch das ist vertretbar. Da kann man nur hoffen, dass man in dieser Form zukünftig mehr von der Mörderpuppe zu sehen bekommt.

Fazit: Ein Horror-Remake, welches das Rad nicht neu erfindet, seine mordende Titelfigur aber passend und clever in die heutige Zeit transferiert. Mit viel Humor, noch mehr Blut und einigen schönen Ideen gelingt ein rundum unterhaltsames Horrorfilmchen, welches zwar nicht gruselt und am Ende auch etwas zu hart auf die Bremse drückt, darüber hinaus aber durchaus frischen Wind ins Genre pustet.

Note: 3+









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