Viele werden sich vielleicht nicht mehr erinnern, aber Til Schweiger, der es sich während den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, die deutschen Kinozuschauer mit so furchtbaren Machwerken wie "Kokowääh 2" oder "Klassentreffen 1.0" in den Wahnsinn zu treiben, begann seine Karriere im Fernsehen: Zwei Jahre lang spielte er eine tragende Rolle in der ARD-Soap "Lindenstraße", ehe er danach im Kino mit "Manta Manta" einen enormen Überraschungserfolg hinlegte. Zwei Jahre später meißelte er seine Kinokarriere dann mit der Hauptrolle in "Der bewegte Mann" von Sönke Wortmann in Stein - Schweiger war plötzlich einer von Deutschlands beliebtesten Kinostars. Wortmanns Film habe ich ihn mir nun zum ersten Mal angesehen und dabei festgestellt, dass er nicht so gut ist wie sein Ruf...
DER BEWEGTE MANN
Axel Feldheim (Til Schweiger) wurde gerade von seiner Freundin Doro (Katja Riemann) verlassen und aus der gemeinsamen Wohnung geschmissen, sitzt nun auf der Straße. Aus Mangel an Alternativen macht er die Bekanntschaft mit den beiden homosexuellen Partytieren Walter (Rufus Beck) und Norbert (Joachim Krol), die ihm beide ein Asyl in ihrer Wohnung anbieten. Axel, der noch immer drauf und dran ist, seine Beziehung zu retten, ist erst nicht begeistert, lässt sich dann aber auf das Angebot ein und baut eine Freundschaft zu Norbert auf. Der kann sich seinen Gefühlen zu dem heterosexuellen Draufgänger aber bald auch nicht mehr erwehren, was zu einer beachtlichen Menge an zwischenmenschlichen Problemen führt...
"Der bewegte Mann" avancierte im Jahr 1994 (das für viele Filmfans noch immer als eines der besten Jahre der Kinogeschichte ist) zu einem gigantischen Erfolg und wurde an den deutschen Kinokassen einzig und allein von den heutigen Hollywood-Klassikern "Forrest Gump" und "Der König der Löwen" überflügelt - ein absoluter Wahnsinn, womit Regisseur Sönke Wortmann dem ständigen Klischee, dass die Deutschen nicht lustig genug seien und deswegen auch keine Komödien drehen könnten, zumindest auf dem Papier die lange Nase zeigte. Heute weiß man natürlich, dass wir Deutschen durchaus zu starker Comedy in der Lage sind, auch wenn der meiste Kram, der es auf die Leinwände schafft, doch nur noch alberner und verhöhnender Mainstream-Murs ist. Darunter befindet sich aber immer wieder mal eine Perle und auch wenn "Der bewegte Mann" aus heutiger Sicht klar ein massenkompatibles Werk ist, welches sicher auch nicht zu den absoluten Glanzlichtern der deutschen Komödie zählt, ist es dennoch lustiger als vieles, was wir heute von Schweiger, Schweighöfer und Co. zu sehen bekommen.
Negativ fällt erst einmal auf, dass Wortmann gerade hinsichtlich der Zeichnung seiner homosexuellen Charaktere äußerst klischeehaft ans Werk geht - er inszeniert gerade die Nebenfiguren als schrille, ständig geile und abgedrehte Tunten. Das hat sicherlich in manch einem Moment einen gewissen humoristischen Wert, vergleicht man diese Arbeit jedoch mit den wesentlich überspitzteren und einzig und allein auf Gags und nicht auf Charaktere abzielenden Bully-Parodien, fällt auf, dass Wortmann hier nicht sonderlich doppelbödig agiert. In der Romanvorlage von Ralf König war dies noch etwas anders und wurde auch zum Kinostart vor fünfundzwanzig Jahren bereits kritisch hinterfragt... sogar König selbst setzte später daran an.
Auch hat "Der bewegte Mann" oftmals die störende Angewohnheit, seine Gags zu laut einzuspielen - peinliche Situationen enden oft nackt oder in lautem Geschlechtsverkehr, es wird auch mal gefurzt und viel gekreischt. Im direkten Vergleich finden sich aber auch viele leisere Witzchen, die das Zwerchfell wesentlich besser und intensiver treffen. Nichts, worüber der gesamte Kinosaal dann laut lacht, aber insgesamt die deutlich besseren Gags. Auch die Schauspieler machen gerade in diesen leiseren Momenten das Beste aus ihren Rollen und Til Schweiger zu sehen, wie er zum Beginn seiner Karriere noch ganz ohne selbstüberzeugende Marotten auskommt, in die er sich, wenn er denn selbst mal Regie führt, ja gerne hineinmanövriert, ist durchaus erfrischend.
Das heimliche Highlight bietet aber Joachim Krol, der mit der Liebe zum heterosexuellen Axel den spannendsten Konflikt aufbietet, auch wenn dieser sich mit der fortschreitenden Laufzeit etwas zu oft um sich selbst dreht und so trotz der kompakten Laufzeit von nur 89 Minuten ein paar Längen entwickelt. Generell hält der Film das Tempo nicht immer gleichbleibend hoch, wird manchmal zu weich, aber insgesamt bleibt der Ton dennoch erfrischend und man kann im Grunde sicher sein, dass fast immer ein Gag oder eine spaßige Szenerie um die Ecke kommt, die einen vorherigen Fauxpas ausgleicht... und geschieht das nicht, rettet die gut aufgelegte Besetzung immer wieder einige lasche Momente.
Fazit: Nicht jede Pointe sitzt und ab und an inszeniert Sönke Wortmann seine deutsche Kultkomödie auch zu klischeehaft. Obwohl es also einige Längen gibt und der Plot an Tempo einbüßt, kann man dank der spielfreudigen Besetzung und einiger origineller Szenarien dennoch unterhaltsame anderthalb Stunden erleben.
Note: 3
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