Ich halte James Cameron für einen der grandiosesten und versiertesten Filmemacher aller Zeiten. "Titanic" und "Avatar" zählen noch heute zu meinen Lieblingsfilmen, zudem bin ich auch ein großer Fan von "Terminator 2" und besonders von "Aliens". Viele halten Cameron jedoch bis heute und nachdem er zweimal den jeweils erfolgreichsten Film aller Zeiten gedreht hat vor, dass er ein unglaublicher Filmemacher sei, aber kein sonderlich guter Autor. Seine Filme sehen fantastisch aus, am Plot soll es jedoch hapern - besonders "Avatar" steht dabei immer wieder im Zentrum der Kritik. So richtig nachvollziehen kann ich dies nicht, da mich auch dessen Welt gepackt hat und man eben nicht mit jedem neuen Werk das Story-Rad neu erfinden kann. Und man darf sich fragen, warum im gleichen Atemzug "True Lies" nicht öfter erwähnt wurde, der in dieses Konzept nämlich wie die Faust aufs Auge passt: Grandiose Action und Technik, aber eine doch eher mangelhafte Handlung.
TRUE LIES
Helen Tasker (Jamie Lee Curtis) ahnt nicht einmal ansatzweise, dass ihr Mann Harry (Arnold Schwarzenegger) in Wahrheit kein ständig umherreisender und deswegen nur selten früh nach Hause kommender Handelsvertreter ist, sondern ein renommierter Geheimagent. In diesem Job sichert Harry die freie Welt, indem er Terroristen und Bösewichte hochnimmt und arbeitet dabei mit einigen bestens ausgebildeten Technikern zusammen. Als Harry eines Tages erfährt, dass seine Frau ihn betrügt, setzt er seine Leute auf sie an, um herauszufinden, was genau da vor sich geht - es dauert nicht lange, bis die überforderte Helen einen Platz in Harrys geheimem Leben findet. Währenddessen plant eine finstere Gruppierung, der Harry und seine Mitstreiter auf der Spur waren, einen Schlag gegen Amerika...
Schon früh beweist auch "True Lies", dass James Cameron einer dieser Filmemacher ist, der seiner Zeit fast immer voraus war. Die Actionszenen sind lang und hangeln sich von einer absurden Situation zur anderen, der Überblick geht nie verloren und Camerons Ideen für verrückte Stunts bis hin zu den auch heute noch vergleichweise überzeugenden Effekten sind pures Kinogold. Da er seinen Film als Agentenparodie inszeniert, kann er in den Actionmomenten aus dem Vollen schießen, ohne sich über Logik oder Überzeichnung zu scheren und erschafft damit einige Adrenalinmomente, die im Grunde ebenso banal wie absolut brillant sind. Da fischt ein Hubschrauber Leute aus einem fahrenden Auto, ein gigantischer Kampfjet kommt zum Einsatz und Arnie himself darf sogar auf einem Pferd reitend einen bösen Buben verfolgen, der mit einem Motorrad durch ein Hotel düst. Das ist vollkommen verrückt, aber es macht eben auch unglaublich viel Spaß dabei zuzusehen, da Cameron diese Momente temporeich, clever und mit genau dem richtigen Blick aufs Wesentliche inszeniert und dabei offensichtlich jede Menge Spaß hatte.
Problematisch sind im Hinblick auf den Film als Ganzes aber noch andere Dinge: Er läuft satte 140 Minuten und hat dabei eben auch noch so etwas wie eine Handlung zu erzählen. Diese gerät, gerade angesichts der überbordenden Laufzeit, ebenso dröge und überraschungsarm, wie man eben das Genre der Agentenparodie versteht. Im Mittelteil, wenn sich "True Lies" über weite Strecken dem ebenso langatmigen wie erstaunlich witzlosen Part rund um Helens Betrug und wie Harry ihr nachfolgt widmet, zieht sich der Film wie Kaugummi. Während man sich fragt, wieso sich James Cameron, der zuvor und danach mehrfach Filmgeschichte schrieb und mit ebenso kraftvollen wie versierten Projekten aufwartete, eigentlich für solch einen stumpfen, wenn auch unterhaltsamen Blockbuster entschied, versucht man auch zu verstehen, ob da nicht doch irgendwo etwas mehr hintersteckt.
Aber genau das tut es nicht: "True Lies" bleibt eine geradlinige Actionkomödie mit einer Mücke von Story, mit blassen und klischeehaften Antagonisten und einem gut aufgelegten Hauptdarsteller-Pärchen, denen jedoch keinerlei glaubhafte Charakterentwicklung zugestanden wird. Das ist alles nicht schlecht und hat innerhalb des Mainstream-Kinos durchaus seine Daseinsberechtigung, man fragt sich nur, ob da nicht auch etwas weniger drin gewesen wäre. Angesichts teilweise stupider Gags (der Auftritt von "Twister"-Star Bill Paxton ist im Grunde ein sehr, sehr langer Witz, der durchgehend nicht zündet), klischeehaften Entwicklungen und müde agierenden Sidekicks fragt man sich, wohin Cameron damit eigentlich wollte. Hätte er zur Abwechslung mal einen ganz simplen, kurzweiligen Actioner mit seinem alten Kumpel Arnie drehen wollen, hätte es auch ein Film unter der Zwei-Stunden-Marke getan. Wollte er mehr abliefern als das, hätte er aber mehr Zeit in eine bessere Geschichte oder zumindest ein paar frische Ideen investieren sollen.
Vielleicht fehlte es dem "Terminator"-Regisseur, der zu dieser Zeit sein geplantes "Spider-Man"-Projekt einstampfen musste, da die technischen Möglichkeiten dafür noch nicht vorhanden waren (bekannterweise übernahm Sam Raimi dann acht Jahre später) auch einfach an diesen zündenden Einfällen und das ist nun auf dem Bildschirm zu sehen: Ein Actionfilm, der hervorragend aussieht und über gewisse Strecken dank seiner herrlichen Action auch wunderbar unterhält, abgesehen davon aber auch mit einer stumpfen Handlung langweilt.
Fazit: Mit 140 Minuten ist "True Lies" dank seiner schwachen Story, albernen Gags und austauschbaren Figuren viel zu lang geraten. In den Actionszenen feuert James Cameron aus allen Rohren und liefert einige der besten Shootouts dieser Zeit, liefert fantastische Unterhaltung... sobald jedoch der Plot dazwischenfunkt, hapert es ordentlich im Getriebe.
Note: 3
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