Grusel- und Spuklegenden gibt es wie Sand am Meer und eine Handvoll brachte es zu enormer Berühmtheit. Ob die Erzählungen von besessenen Häusern und bösen Geistern wahr sind, konnte niemals mit hundertprozentiger Sicherheit nachgewiesen werden, dass einzelnen Menschen aber diverse Dinge widerfuhren, gilt als gesetzt. Dazu zählt auch der Amityville-Spuk, der innerhalb der Filmgeschichte schon mehrfach genutzt wurde, um bösen Horror zu verbreiten... zuletzt zum Beispiel im zweiten Teil des schaurigen "Conjuring"-Franchise. Im Jahr 2005 wollte da auch Blockbuster-Regisseur Michael Bay ein Wörtchen mitreden und produzierte einen abendfüllenden Schocker, der die Geschichte der armen Familie neu auflegen sollte. Ähnlich wie beim 2003 von ihm produzierten "Texas Chainsaw"-Remake ist das aber eine ziemlich zweischneidige Sache geworden...
AMITYVILLE HORROR
George Lutz (Ryan Reynolds) ist erst nicht begeistert, gemeinsam mit seiner Frau Kathy (Melissa George) und deren drei Kindern Billy (Jesse James), Michael (Jimmy Bennett) und Chelsea (Chloe Grace Moretz) ein großes Haus in Amityville auf Long Island zu kaufen - finanziell könnte dies glatt seine Pleite bedeuten. Der Wunsch nach dem Traumhaus ist jedoch zu groß und die fünfköpfige Familie zieht ein, obwohl sie zuvor davon in Kenntnis gesetzt werden, dass innerhalb der vier Wände vor einem Jahr eine blutige Tragödie stattfand. Kurz nach dem Einzug glaubt George, Stimmen zu hören und vermutet, dass mit dem Haus etwas nicht stimmt. Als er beschließt, zur Tat zu schreiten, ist es jedoch längst zu spät...
Bei dem Film, der von "Transformers"-Krawallmeister Michael Bay produziert und von Regisseur Andrew Douglas inszeniert wurde, handelt es sich um ein Remake. Im Jahr 1979 gab es bereits eine Verfilmung, die sich mit Amityville-Spuk beschäftigte und die heute als Kult gilt. Leider habe ich die Verfilmung aus den Siebzigern bis heute nicht gesehen und kann daher nur das Remake bewerten, keinerlei Vergleiche ziehen - es ist allerdings schwer vorstellbar, dass das Original dabei zurückstecken sollte, denn in Sachen Gänsehaut-Horror oder Spannung ist Bay und Douglas hier nur recht wenig eingefallen. Das sollte nun nicht so sehr überraschen, ist Bay ja eigentlich vordergründig dafür bekannt, keine leisen Töne anschlagen zu können. Ein Horrorfilm wie dieser, der auf einem offensichtlich realen Spuk basiert (auch wenn es mittlerweile Stimmen gibt, die sagen, dass der Kern der Geschichte ein wahrlich anderer sei), muss aber eben genau diese nutzen: Horror setzt sich im Kopf fest, wenn er leise eingespielt wird und schließlich ohne Vorwarnung ausbricht - es braucht Mut zur Stille und inszenatorische Finesse, um eingespielte Horrorhasen noch hinter dem Ofen hervorlocken zu können.
Bay und Douglas haben diese Finesse leider nicht und ruhen sich auf altbekannten Horrorklischees aus, die jeder zweite Geisterfilm der letzten zwanzig Jahre bereits rundum totgelaufen hat: Knallende Türen, sich bewegende Gegenstände, laute Jumpscares, grinsende Fratzen. Selbst solcherlei altbekannte Manirismen können aber noch gruseln und erschrecken, wenn man sie nur richtig einsetzt, das Duo findet aber selten den richtigen Weg, um solche Momente so einzusetzen, dass sie der Atmosphäre dienen. Stattdessen setzen sie lieber auf gewaltige Einschläge, wenn der austauschbare Score von "Freitag der 13."-Komponist Steve Jablonsky böse hämmert - hier erschreckt man sich wenn überhaupt nur, weil es plötzlich einfach sehr laut wird und somit dem ältesten Trick der Horrorwelt auf den Leim geht.
Wirklich gruselig ist das aber nie und richtig spannend auch nur selten: In einer prägnanten Szene müssen die beiden Elternteile ihr Kind von einem Dach retten und dies ist einer der Momente, in dem durch einige schöne Kamerafahrten und einen cleveren Schnitt tatsächlich so etwas wie Spannung aufkommt... dabei spielt der Horror hierbei nur eine untergeordnete Rolle. Es ist also sichtbar, dass Bay und Douglas ihr Handwerk zumindest solide beherrschen, leider verlassen sie sich darüber hinaus aber eben nur auf die üblichen Buh-Späßchen und eine Menge Kunstblut.
Dass ihr Film dabei optisch eigentlich sehr schick aussieht und sogar Ryan Reynolds, damals noch ein Hollywood-Beau, der erst Jahre später so richtig in die A-Liga aufstieg, eine solide Figur macht, scheinen sie zu übersehen und rennen an dem Potenzial ihrer Inszenierung somit vorbei. Bis hin zu einem austauschbaren, finsteren Finale schleicht man sich also nur durch Klischees und viel zu überzeichnet inszenierte Grusel-Zwischenschritte. Das ist hin und wieder schon spannend und hält dank hohen Tempos bei der Stange, dennoch hätte eine Geschichte wie diese wesentlich mehr verdient als nur einen von diesen weiteren Gruselfilmchen, die gefühlt alle zwei Wochen in den Kinos landen und dabei kaum voneinander zu unterscheiden sind.
Fazit: Michael Bay und Andrew Douglas hatten gute Ideen und haben streckenweise ein sicheres Händchen, verlassen sich aber viel zu oft nur auf dröge Grusel-Buh-Szenarien, laute Jumpscares und eine flache Geschichte. Der reale Spuk, der dahintersteckt, kommt atmosphärisch nie zum Vorschein.
Note: 3-
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