Direkt zum Hauptbereich

The Autopsy of Jane Doe

Es gibt diese Tage, an denen ich überhaupt nicht weiß, was ich mir für einen Film ansehen will oder wo mir Genre, Darsteller und gar die Qualität irgendwie egal sind - Hauptsache, ich habe ein Werk, mit welchem ich für anderthalb Stunden dem Alltag entfliehen kann. An einem solchen Tag stieß ich auf den kleinen Horrorfilm "The Autopsy of Jane Doe" und empfand diesen als perfekt: Er geht nur wenig mehr als achtzig Minuten, der Plot ist geradlinig, die Darsteller fähig und die Ausgangssituation klang zumindest spannend. Im Kern kann man zum Ende auch festhalten, dass der Film definitiv nicht schlechter ist als die Konkurrenz, aus dieser aber auch nicht hervorragt - der perfekte, kurzweilige Ausflug raus aus der Realität also.

THE AUTOPSY OF JANE DOE


Tommy Tilden (Brian Cox) und sein Sohn Austin (Emile Hirsch) arbeiten im örtlichen Krematorium von Grantham, Virginia. Dort liegt eines Tages nach Feierabend eine Leiche (Olwen Catherine Kelly) auf ihrem Tisch, die einen enorm gut erhaltenen Eindruck macht: Keinerlei Spuren eines körperlichen Angriffs, keine Leichenstarre... aber definitiv tot. Vater und Sohn machen sich gemeinsam an die Autopsie, um die Todesursache festzustellen und stoßen dabei nachfolgend auf seltsame Spuren um und in dem Körper. Beiden ist klar, dass sie einen solchen Fall noch nie gesehen hatten und die Umstände unmöglich sein müssten. Doch damit hat der schreckliche Abend, der beide noch vor einige grausame Enthüllungen stellen wird, erst begonnen...

Ja, das ist mal eine ansatzweise erfrischende Ausgangssituation: Eine Leiche in einem Leichenschauhaus, die von zwei Leichenbeschauern begutachtet werden muss, woraus sich dann ein großes Geheimnis um den mysteriösen Todesfall, sofern es denn überhaupt einer ist, enthüllt. Es gibt hier keine kreischenden Teeniemeuten, ein sehr überschaubares Ensemble von menschlich gezeichneten Figuren und einen geradlinigen Plot. Ein einziges Mysterium, welches zudem auch spannend genug ist, um ansatzweise 80 Minuten lang bei der Stange zu halten. Insofern überrascht es ein wenig, dass ein Film wie dieser, der international nicht nur fast durchweg positive Kritiken sammelte, sondern auch inszenatorisch und darstellerisch besser ist als der maue Genre-Standard, in Deutschland nicht mal in die Kinos kam, sondern einfach direkt auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht wurde.
Gut, nun sind Emile Hirsch und Brian Cox, die hier die Hauptrollen übernehmen, hierzulande aber auch keine Schauspieler, die die Massen ins Kino ziehen - man kennt sie aus Filmen wie "The Girl Next Door" oder dem "X-Men"-Franchise, aber die Namen der beiden werden nur den wenigsten wirklich etwas sagen, was beinahe etwas schade ist. Denn sowohl Cox als auch Hirsch, der sich vor einigen Jahren mit starken Filmen wie "Into the Wild" ins Gedächtnis spielte, um anschließend eine eher zweifelhafte Rollenauswahl an den Tag zu legen, liefern hier gerade im Hinblick auf das Genre durchaus achtsame Leistungen ab. Wo sonst nur viel geschrieen wird, entwickelt sich zwischen den beiden sofort so etwas wie eine Beziehung und das Vater-Sohn-Gespann nimmt man beiden durch die Bank weg ab.
Zum Glück lässt sich "The Autopsy of Jane Doe" in diesem Bereich auch nicht hetzen - trotz kompakter 87 Minuten nimmt sich der Film die Zeit, die er braucht, um seine Charaktere und auch die schaurige, mysteriöse Ausgangssituation zu etablieren. Auch später hat Regisseur Andre Ovredal sein Werk im Griff: Die Jumpscares sitzen nicht immer wie gewollt, dafür kann er eine durchaus schaurige Atmosphäre etablieren und nutzt diese für ein intensives Kammerspiel zwischen wenigen Figuren und beengten Räumen, um die Urängste der Zuschauer zu schüren. Nur bis zum Finale hält diese Taktik nicht an, denn kurz vor der endgültigen Konfrontation und einigen in dieser Hinsicht nur marginal überraschenden Wendungen verabschiedet sich der Film von der vorherigen Gründlichkeit. Plötzlich wird alles sehr laut, sehr actionlastig und führt über schnelle Szenen zu einem völlig überhasteten und in dieser Form unbefriedigenden Auflösung. Das macht aus diesem zuvor recht erfrischenden, wenn auch nicht ungemein originellen Film nicht direkt einen Flop, aber zehrt schon an der Gesamtnote.

Fazit: Atmosphärischer Horrorfilm, ebenso geradlinig wie erfrischend und mit einer spannenden und intensiven Ausgangssituation. Leider verliert der Film gegen Ende in überhasteten Wendungen und einem banalen Finale immer mehr an Reiz.

Note: 3





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid