Die Liste von Filmen, aus denen eigentlich ein größeres Franchise hätte werden sollen, die jedoch nur auf einen Erstling kamen, ist lang und besonders im Fantasy-Genre beinahe gang und gäbe: Nach "Harry Potter" und "Der Herr der Ringe" waren etliche Studios auf der Suche nach potenziellen Filmreihen, mit denen sich alljährlich Geld verdienen ließ, nur die wenigsten von ihnen schlugen aber finanziell gut genug ein, um Fortsetzungen zu rechtfertigen. Einer der Filme, der nie eine Fortsetzung bekam, ist "Ender's Game" aus dem Jahr 2013. Diesen sah ich damals einige Monate nach Kinostart und fühlte mich soweit eigentlich überraschend gut unterhalten - nun habe ich den starbesetzten Sci-Fi-Actioner einer erneuten Sichtung unterzogen, um festzustellen, ob er mich sechs Jahre später immmer noch zu packen weiß...
ENDER'S GAME
Vor fünfzig Jahren kostete die Invasion der feindlichen Alienrasse Formics Millionen von Leben auf der Erde. Die Menschen riefen im Anschluss daran ein Verteidigungsprogramm ins Leben, um sich gegen weitere Angriffe zu wappnen und gerüstet zu sein, sollte es zu einer erneuten Attacke kommen. Das Vertrauen setzte man dabei besonders in junge Menschen, beinahe noch Kinder, die während einer heftigen, militärischen Ausbildung trainiert wurden. Einer von ihnen ist der schüchterne und enorm intelligente Ender Wiggin (Asa Butterfield). Sein Vorgesetzter, Colonel Hyrum Graff (Harrison Ford), hält große stücke auf ihn und glaubt, dass Ender die Truppen in eine alles entscheidende Schlacht führen könnte, sobald es soweit sein muss. Ender selbst scheint mit dieser enormen Verantwortung jedoch überfordert und legt sich deswegen nicht nur mit Graff, sondern auch mit seinen Teamkameraden an...
Nein, finanziell rentierte sich dieses engagierte Blockbuster-Projekt, welches auf einer mehrteiligen und mittlerweile beinahe klassischen Sci-Fi-Romanvorlage beruht, nicht so wirklich - das angestrebte Mainstream-Publikum konnte mit diesem komplexeren Stoff merklich weniger anfangen. Tatsächlich haben wir hier nämlich nicht einfach nur den nächsten Teenie-Blockbuster, sondern einen Film, der sich mit der Zeit auch traut, mal etwas speziellere Fragen zu stellen. Es gibt hier im Grunde keine Helden, nur Täter... und wie der Film im letzten Drittel mit seinen eigenen Auswirkungen umgeht und ein interessantes Fragezeichen an die zuvor gesehenen Szenarien hängt, das muss einem nicht gefallen, ist in diesem Genre und vor allem im knallenden Blockbuster-Bereich jedoch zumindest als mutig zu loben.
Eine ziemlich kräftige Wendung und ein spannender Konflikt, der die geplanten Fortsetzungen wesentlich interessanter hätte machen können, retten aber natürlich nicht einen gesamten Film, der sich zuvor einige sehr herbe Schnitzer leistet - denn während der ersten Stunde glauben wir tatsächlich, uns in einem erschreckend humorlosen Bootcamp für Astronauten-Kinder zu befinden und das sieht im fertigen Produkt dann auch durchgehend so schräg aus, wie es sich hier anhören dürfte. Da haben wir ernst dreinblickende Kids, die sich den Schreien eines wütenden Sergeants ausgeliefert sehen und anschließend ebenfalls wilde Befehle brüllen dürfen und ungefähr alle zwei Minuten mit einem "Ja, Sir!" salutieren. Dass genau dieses etwas seltsame Konstrukt zu keinem Zeitpunkt ironisch gebrochen wird, die Macher rund um "Wolverine"-Regisseur Gavin Hood dieses Spektakel voll und ganz viel zu ernst nehmen, fällt mehr als negativ auf.
Problematisch bewegt sich dabei auch die Hauptfigur durch die optisch hübschen, irgendwann aber auch ziemlich ermüdenden Trainingssequenzen: Asa Butterfield müht sich redlich, dass sein Ender Wiggin im Kern aber ein unfassbar unsympathischer und unnahbarer Protagonist ist, darüber kann er auch nicht wirklich hinwegspielen. Ein dürrer Recke, der sich mit Möchtegern-schlauen Sprüchen und ständiger, nerviger Manipulation seiner regelrecht dümmlichen Kameraden durchs Spiel schleust und für Verfehlungen belohnt wird, ist halt niemand, an den sich der Zuschauer dauerhaft binden möchte. Sicherlich planten die Macher gerade im Hinblick auf weitere Filme zu dem Thema, eine komplexe Figur zu entwickeln, die mit ihrem Dickkopf aus den Befehlsführereien ausbricht und den Zuschauer selbst vor ein moralisches Dilemma stellt... doch wir bekommen eben nur diesen Film und in diesem wirkt Ender eben wie eine ständig maulende, oberschlaue und abgehobene Version eines Teenies, bei dem man verstehen kann, dass ihm andere ständig ans Leder wollen.
Unter den Nebenfiguren kann ihm auch niemand wirklich Paroli bieten, einzig "Star Wars"-Star Harrison Ford kann mit einer vielschichtigen Rolle noch etwas Potenzial abgreifen und zeigt auch ein wenig Spiellaune... etwas, wovon bei Ben Kingsley, Hailee Steinfeld und der unter Wert verkauften Viola Davis hier keinerlei Rede sein kann. Am Ende will "Ender's Game" mehr sein, als er hier in der Summe seiner Teile ist und darauf deutet er in den letzten Minuten auch sicher an - aber es ist dennoch zu wenig und angesichts des seltsamen Settings viel zu spät, um hier noch Kohlen aus dem Feuer zu holen. Sicherlich gab es in den letzten Jahren auch wesentlich schwächere Versuche, ein neues Franchise aus dem Boden zu stampfen und angesichts des Themas hatte das Werk von vornherein nur wenig Aussicht auf einen Sieg... aber mit ein wenig mehr Leichtigkeit und einem greifbaren Protagonisten hätte auch dieser Anfang schon einen besseren Eindruck machen können.
Fazit: Ohne sein seltsames Kinder-Kriegssetting ironisch zu brechen, rast "Ender's Game", angeführt von einem unsympathischen Protagonisten, durch beeindruckende, letztlich aber nichtssagende Bilder. Er wird gegen Ende angenehm mutig, verpasst zuvor jedoch, auch zu unterhalten und kann seinen Plot niemals wirklich greifbar gestalten.
Note: 3-
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