Letztens las ich einen Artikel über die Langlebigkeit von Streaming-Serien. Darin wurde erkannt, dass die wenigsten Originalshows von großen Streaminganbietern noch über drei Staffeln hinaus kommen. Begründet wurde die Absetzung von beliebten Netflix-Shows wie den Marvel-Serien oder "Sense8" damit, dass sich mit einer langen Serie eben kein finanzielles Plus mehr sichern ließe - dies ist auch ein Grund, warum die meisten Staffeln nur zehn Episoden betragen, bedeuten mehr Folgen doch auch mehr Kosten ohne höheren Gewinn. Unter diesen rasch abgesägten Shows sticht ein "Bosch" nun heraus, denn der wird es auf mindestens fünf Staffeln bringen und dabei etliche Fans unterhalten... zumindest die, die mit dem grummeligen Cop auch vorher schon Spaß hatten.
BOSCH - STAFFEL 4
Drei Monate nachdem Harry Bosch (Titus Welliver) einen neuen Hinweis bezüglich des Mordes an seiner Mutter bekam, ermittelt er weiterhin geheim und an der Seite von Chief Irvin Irving (Lance Reddick) gegen Bradley Walker (John Getz). Zudem wird er auch durch einen neuen Fall in Beschlag genommen: Ein bekannter Staatsanwalt, der durch seine Taten das LAPD in Bedrängnis brachte, ist ermordet worden. Der Verdacht steht im Raum, dass ein Polizist den Abzug drückte, was die Wut der Bevölkerung gegen die Polizei anstachelt. Bosch ermittelt in dem Fall, sieht sich jedoch skeptischen Zeugen gegenüber. Währenddessen versucht Edgar (Jamie Hector) sich nach seiner Verletzung wieder in den Berufsalltag einzuleben...
Es wird persönlich für Harry Bosch. Natürlich war es das schon immer irgendwie, denn neben seinen verzweigten Fällen hatte der nicht sehr redefreudige, dafür aber ziemlich energetische Polizist immer noch eine traumatische Vergangenheit, ein kompliziertes Privatleben und einige persönliche Fehden mit Kollegen und Rivalen abzuhaken... mal ganz davon abgesehen, dass er in der zweiten Staffel sogar für kurze Zeit den vermeintlichen Mörder seiner Mutter jagte. Nun jedoch, in dieser vierten Season, wird es so persönlich wie noch nie, denn beide im Fokus stehenden Fälle ziehen sich direkt aus dem privaten Umfeld der Hauptfigur. Ein im Kern cleverer Schachzug der Autoren, denn wo gerade die dritte Staffel merklich unterkühlt agierte, die privaten Scherereien Boschs eher wie seltsam hinzugepackt wirkten, so geht es ihm nun um wirklich viel.
Bisher traute man sich hinsichtlich der Serie und ihrer Figuren nur wenig, fürchtete man wohl, die einafch gestrickten Strukturen einer Crime-Serie so zu durchbrechen und potenzielle Zuschauer zu verschrecken. Hier treten sie nun öfters aufs Gas und involvieren viele der mittlerweile beliebten Charaktere auch emotional auf neue Art und Weise. Im Kern ist "Bosch" zwar noch immer eine Crime-Serie, vortrefflich inszeniert, weiterhin überdurchschnittlich gut gespielt und atmosphärisch, aber endlich scheint es darüber hinaus auch mal um ein wenig mehr zu gehen. Es geht nicht mehr nur um den Plot einer einzelnen Staffel, sondern auch um die Wiederaufnahme vergangener Plots und nicht zuletzt um die Hauptfigur und deren Entwicklung. Zum ersten Mal seit der ersten Season haben wir nun also das Gefühl, einer durchgehenden Serie zuzusehen, nicht nur einzelnen Staffeln, die nur marginal miteinander in Verbindung stehen - diesmal setzt sich wirklich ein Puzzle zusammen.
Das ist zwar nicht immer wirklich clever geschrieben: So entpuppt sich der erneut hervorgehobene Fall rund um den Korea Town Killer (in Staffel 3 eines der spannendsten Elemente und bis dahin unaufgelöst) als pure Enttäuschung, der unter dem Gewicht der restlichen Plots, von denen es mal wieder so einige gibt, schier zusammenbricht. Auch in Sachen Charakterzeichnung gibt uns "Bosch" abseits der interessant geschriebenen Hauptfigur wenig Neues: Chief Irvin Irving, Harrys Tochter Maddie, seine Vorgesetzte Grace, sein in den Dienst zurückgekehrter Partner Jerry Edgar... sie alle runden das Ensemble weiterhin charismatisch ab, bekommen abseits der genretypischen Phrasen und kleinen privaten Einblicken aber zu wenig in die Hand, um sich noch langfristiger ins Gedächtnis zu spielen.
Es gibt also im Kern wenig Neues, dafür ist die Handlung diesmal flotter erzählt und gewinnt zumindest über weite Strecken eine gewisse Dringlichkeit, was durchaus gefällt. Nach einer schwachen Finalfolge bleiben dann auch noch genügend Handlungsfäden für die nun kommende fünfte Staffel offen und man darf gespannt sein, ob dieses zumindest etwas bessere Niveau wieder beibehalten wird - dank Welliver und einer atmosphärischen Inszenierung könnte dann, wenn der Plot auch endlich wieder richtig mitspielt, mal ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der bislang noch immer besten ersten Staffel starten. Aber ganz ehrlich: Rechnen tue ich damit leider nicht.
Fazit: "Bosch" gewinnt in der vierten Staffel dank der persönlichen Note und einigen mutigen Entscheidungen an Dringlichkeit. Ansonsten bleibt alles beim Alten: Solide gespielt, atmosphärisch inszeniert, plottechnisch jedoch oft zu dröge und überzeichnet. Fans werden es weiterhin lieben, der Rest dann eher nicht.
Note: 3
Es wird persönlich für Harry Bosch. Natürlich war es das schon immer irgendwie, denn neben seinen verzweigten Fällen hatte der nicht sehr redefreudige, dafür aber ziemlich energetische Polizist immer noch eine traumatische Vergangenheit, ein kompliziertes Privatleben und einige persönliche Fehden mit Kollegen und Rivalen abzuhaken... mal ganz davon abgesehen, dass er in der zweiten Staffel sogar für kurze Zeit den vermeintlichen Mörder seiner Mutter jagte. Nun jedoch, in dieser vierten Season, wird es so persönlich wie noch nie, denn beide im Fokus stehenden Fälle ziehen sich direkt aus dem privaten Umfeld der Hauptfigur. Ein im Kern cleverer Schachzug der Autoren, denn wo gerade die dritte Staffel merklich unterkühlt agierte, die privaten Scherereien Boschs eher wie seltsam hinzugepackt wirkten, so geht es ihm nun um wirklich viel.
Bisher traute man sich hinsichtlich der Serie und ihrer Figuren nur wenig, fürchtete man wohl, die einafch gestrickten Strukturen einer Crime-Serie so zu durchbrechen und potenzielle Zuschauer zu verschrecken. Hier treten sie nun öfters aufs Gas und involvieren viele der mittlerweile beliebten Charaktere auch emotional auf neue Art und Weise. Im Kern ist "Bosch" zwar noch immer eine Crime-Serie, vortrefflich inszeniert, weiterhin überdurchschnittlich gut gespielt und atmosphärisch, aber endlich scheint es darüber hinaus auch mal um ein wenig mehr zu gehen. Es geht nicht mehr nur um den Plot einer einzelnen Staffel, sondern auch um die Wiederaufnahme vergangener Plots und nicht zuletzt um die Hauptfigur und deren Entwicklung. Zum ersten Mal seit der ersten Season haben wir nun also das Gefühl, einer durchgehenden Serie zuzusehen, nicht nur einzelnen Staffeln, die nur marginal miteinander in Verbindung stehen - diesmal setzt sich wirklich ein Puzzle zusammen.
Das ist zwar nicht immer wirklich clever geschrieben: So entpuppt sich der erneut hervorgehobene Fall rund um den Korea Town Killer (in Staffel 3 eines der spannendsten Elemente und bis dahin unaufgelöst) als pure Enttäuschung, der unter dem Gewicht der restlichen Plots, von denen es mal wieder so einige gibt, schier zusammenbricht. Auch in Sachen Charakterzeichnung gibt uns "Bosch" abseits der interessant geschriebenen Hauptfigur wenig Neues: Chief Irvin Irving, Harrys Tochter Maddie, seine Vorgesetzte Grace, sein in den Dienst zurückgekehrter Partner Jerry Edgar... sie alle runden das Ensemble weiterhin charismatisch ab, bekommen abseits der genretypischen Phrasen und kleinen privaten Einblicken aber zu wenig in die Hand, um sich noch langfristiger ins Gedächtnis zu spielen.
Es gibt also im Kern wenig Neues, dafür ist die Handlung diesmal flotter erzählt und gewinnt zumindest über weite Strecken eine gewisse Dringlichkeit, was durchaus gefällt. Nach einer schwachen Finalfolge bleiben dann auch noch genügend Handlungsfäden für die nun kommende fünfte Staffel offen und man darf gespannt sein, ob dieses zumindest etwas bessere Niveau wieder beibehalten wird - dank Welliver und einer atmosphärischen Inszenierung könnte dann, wenn der Plot auch endlich wieder richtig mitspielt, mal ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der bislang noch immer besten ersten Staffel starten. Aber ganz ehrlich: Rechnen tue ich damit leider nicht.
Fazit: "Bosch" gewinnt in der vierten Staffel dank der persönlichen Note und einigen mutigen Entscheidungen an Dringlichkeit. Ansonsten bleibt alles beim Alten: Solide gespielt, atmosphärisch inszeniert, plottechnisch jedoch oft zu dröge und überzeichnet. Fans werden es weiterhin lieben, der Rest dann eher nicht.
Note: 3
Kommentare
Kommentar veröffentlichen