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Catch me if you can

Um so manch einen Regisseur reißen sich sogar die großen Stars der Schauspielszene - nur einmal wollen sie mit ihm oder ihr arbeiten. Quentin Tarantino ist mit Sicherheit einer dieser Regisseure, der dann auch in jedem neuen Film eine Starbesetzung zusammenbekommt, über die man nur staunen kann. Ähnlich können es mittlerweile auch Christopher Nolan, James Cameron und Peter Jackson händeln, die mit großartigen Meisterwerken wie "The Dark Knight", "Titanic" und der "Der Herr der Ringe"-Trilogie die Filmgeschichte beeinflussten. Und dann ist da natürlich Steven Spielberg, der unermüdlich und genreübergreifend ein Highlight nach dem anderen abliefert und, obwohl seine Filme nicht immer gleich gut sind, einer der letzten wahren Magier Hollywoods zu sein scheint. Auch im Jahr 2002 konnte er für seinen charmanten Thriller "Catch me if you can" eine beeindruckende Besetzung vor der Kamera zusammentrommeln...

CATCH ME IF YOU CAN


Als seine Familie im Jahr 1963 in eine finanzielle Krise rutscht, fasst sich der sechzehnjährige Frank Abagnale, jr. (Leonardo DiCaprio) einen Entschluss und wird zum Betrüger: Indem er Schecks fälscht und sie über verschiedene Banken verteilt, um diesen Betrug zu verschleiern, bringt er diese um etliche tausend Dollar und verdient sich schier eine goldene Nase. Durch Charme und Intelligenz kann er sich in verschiedene Berufe einschleichen, sich unter falschem Namen einen Rang verdienen... bis ihm schließlich das FBI an den Fersen haftet. Angeführt von dem in Sachen Bankbetrug spezialisierten Carl Hanratty (Tom Hanks) jagen sie den jungen Betrüger quer durchs Land... doch dieser scheint den Herren im Anzug stets einen Schritt voraus zu sein.

Und auch hier ist mal wieder alles drin, was man von einem Spielberg-Film erwartet: Eine spannende Geschichte, die niemals auf Style über Substanz setzt, trotz 140 Minuten bemerkenswert flott erzählt wird und dabei auch Klischees ausweicht. Eine brillant aufspielende Star-Besetzung. Ein wunderbar charmanter Soundtrack von Großmeister John Williams. Perfekte Kameraarbeit, eine schnörkellose Regie, eine trickreiche Inszenierung, wo sogar kleine Gesten erinnerungswürdige Bilder erschaffen. Spielberg hat sich mit "Catch me if you can" nicht unbedingt neu erfunden, er hat auch das Genre nicht revolutioniert, aber er hat einen knackigen Thriller erschaffen, der sowohl mit viel Humor und viel Herz glänzt - die perfekte Mischung. 
Dass die Geschichte, die er hier erzählt, dann auch noch auf einer wahren Begebenheit fußt, macht den Unterhaltungswert umso höher: Man staunt ohnehin über die skurillen Tricks, die Abagnale anwendet, um sich mit gefälschten Schecks, einem charmanten Wortschatz und dem Übermut eines jungen Mannes durch die USA und schließlich sogar durch Europa mogelt... denkt man daran, dass es diesen Abagnale aber tatsächlich gibt und er diese Dinge wirklich getan hat, dürfte einem die Kinnlade herunterklappen. Spielberg begeht dabei jedoch nicht den Fehler, den Mann oder seine Taten zu glorifizieren. Stattdessen benutzt er den Plot für ein raffiniertes Katz- und Mausspiel, wo er niemanden als gut oder böse hinstellt und genau deswegen so wunderbar den Charme seiner Hauptcharaktere hervorkratzen kann. 
Tom Hanks und Leonardo DiCaprio laufen sich in "Catch me if you can" immer wieder über den Weg und harmonieren auf prächtige Weise miteinander - ihr erstes Treffen in einem Hotelzimmer zählt dabei bis heute zu einer der grandiosesten Szenen, die beide je gespielt haben und die Spielberg je inszeniert hat. Dabei verliert der Regisseur auch niemals die Ruhe und obwohl es im Kern eben um eine Verfolgungsjagd rund um den Erdball geht, nimmt er sich die Zeit, seine Figuren zu formen und dabei noch weitere Stars in prägnanten Nebenrollen zu ihrem Recht kommen zu lassen. Während der spätere "Arrival"-Star Amy Adams hier ein wenig schräg agiert, sind es besonders die Altherren Martin Sheen und der ohnehin stets großartige Christopher Walken, die für das meiste Herz und einige stille Höhepunkte sorgen. 
Bis zur Zwei-Stunden-Marke hält Spielberg seine Zuschauer in bemerkenswertem Tempo bei der Stange, sorgt zwischendurch mit frischen Highlights für Szenenapplaus und komponiert seine Bilder gemeinsam mit Stammkameramann Janusz Kaminski perfekt durchgetaktet. "Catch me if you can" sieht brillant aus, so wie eben jeder Spielberg-Film, wobei es nicht auf tolle Effekte, sondern auf den schnörkellosen Zusammenhang zwischen Bild und Ton ankommt. Dabei hält die Geschichte stets Schritt, wechselt passend zwischen unaufdringlichem Humor, sanfter Charakterstudie und leisem Drama und spricht dabei etliche Zuschauergruppen an. Erst zum Schluss verliert er hier ein wenig das Tempo und lässt einen Film, der zu diesem Zeitpunkt mit einer wirklich netten Wendung eigentlich schon beendet hätte sein können, mit einer weiteren Wirrung, die letztlich nichtig ist, zu Ende tröpfeln. Das mag man ihm hier aber verzeihen, denn ein Film, der zwei Stunden lang prächtig unterhaltsam war und dann auf den letzten zwanzig Minuten Schwung verliert, ist trotzdem nicht einmal annährend schwach... es ist immer noch ein fantastischer Streifen.

Fazit: Starbesetzt, wunderbar gefilmt, spannend, spaßig, herzlich: Steven Spielberg liefert auch mit "Catch me if you can" perfekte Unterhaltung ab. Schauspielerisch balgen sich Hanks und DiCaprio auf charmante Weise durch temporeiche 140 Minuten, die erst ganz zum Schluss an Schwung einbüßen.

Note: 2




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