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Venom

"Venom" hat eine lange Produktionsgeschichte hinter sich. Ursprünglich war der finstere und bereits in "Spider-Man 3" von Sam Raimi vorkommende Antagonist als Spin-Off für die Reihe rund um den zweiten Kino-Spinnenmann Andrew Garfield geplant gewesen. Nachdem "The Amazing Spider-Man: Rise of Electro" aber nicht den gewünschten Erfolg an den Kinokassen erzielte, die Reihe eingestellt wurde und die Rechte der Comicfigur zu Großteilen an Marvel zurückgingen, plante man um. Spider-Man gehört nun zum Marvel Cinematic Universe, Sony will aber trotzdem noch die Rechte an der Figur nutzen, um zumindest thematisch abzusahnen. Und so haben wir nun einen "Venom"-Film, der keinen Bezug zu Andrew Garfields Spinnenmann oder zu Disney's Superhelden-Franchise darstellt. Ein eigenes Ding... und so komplex das alles nun klingen mag, so wenig wert ist der ganze Trubel letztendlich.

VENOM


Eddie Brock (Tom Hardy) ist Reporter und hat sich einige Probleme aufgehalst: Nachdem er versucht hat, die finsteren Machenschaften des Wissenschaftlers Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed) aufzudecken, nutzte der seinen riesigen Konzern für eine ordentliche Schmutzkampagne - dies kostete Eddie sogar die Beziehung zu seiner Freundin Anne (Michelle Williams). Tatsächlich hat Drake finstere Pläne, die durch einige Machenschaften unter seinen Mitarbeitern als Insider-Informationen den Weg zu Eddie finden. Der gerät dabei jedoch mit einem außerirdischen Symbionten in Kontakt, mit welchem Drake zuvor Experimente durchführte. Plötzlich ist Eddie nicht mehr Herr seines Körpers und erlangt unglaubliche Kräfte... in einer ziemlich seltsamen Partnerschaft zwischen verwirrtem Journalisten und finsterem Alien.

Die Fans, inklusive mir, sahen eigentlich ein Desaster kommen. Nachdem bereits die Produktionsgeschichte dieses als "Spider-Man"-Spin-Off geplanten Werks schon ein ziemliches Hin und Her war, wurde am Ende auch noch auf ein zuvor deutlich angesteuertes PG-Rating verzichtet: Der Film sollte bitte auch das jüngere Publikum in die Kinos locken, weswegen eine niedrigere Altersfreigabe angepeilt wurde - anders als bei den jüngst enorm erfolgreich (wahrscheinlich gerade deswegen) gelaufenen "Deadpool" und "Logan". Angesichts des Themas und des Wunsches der Fans, dass man dieses doch auch ausreichend düster und hart angehen solle, überrascht die Entscheidung des Studios und ob aus "Venom" mit diesem neuen Klotz am Bein noch ein veritabler Hit wird, der für Sony ein neues Kinouniversum erschafft, darf leise bezweifelt werden. Die Kritiken sind mau, die Vorfreude der Fans war nicht sonderlich groß... und der Film ist, das muss man mit einem kurzen Achselzucken sagen, eben auch nur mittelmäßig.
Nach einem überraschend ausführlichen Einstieg, der sowohl Eddies Leben als knallharter Reporter, dessen Beziehung zu seiner Freundin Anne (blass: "My Week with Marilyn"-Star Michelle Williams) und auch die finsteren Pläne der Bösewichte aufzeigt, verbaut der Film einen im Kern interessanten Konflikt. Nachdem sich Eddie den Parasiten eingefangen hat, gibt es einige nett gewürzte, düstere Comedy-Elemente... und dann hetzt der Film plötzlich schon zum Finale. Ein Kampf um die Vorherrschaft in Brocks' Körper findet kaum statt, der eigentlich zentrale Konflikt, in welchem sich Gut und Böse in einem Wirt zusammenraufen müssen (oder eben gegeneinander kämpfen müssen) wird beinahe vollständig ausgespart.
Stattdessen verlässt man sich auf die üblichen Materialschlachten: Im immerhin nicht allzu ausufernden Showdown werden CGI-Monster gegen CGI-Monster in die Schlacht geschickt, es wird gebrüllt, geflogen und geschlagen... man erkennt angesichts des hektischen Schnitts und des düsteren Bilds aber kaum, wer da nun wen verkloppt. Das ist angesichts der doch eher mauen Action und einer Handlung, die ihre Charaktere im Stich lässt, aber auch redlich egal - am Ende muss es eben nur noch mal wirklich knallen, das will das Genre-Gesetz. Wer die Fäden zusammenhält, das ist sicherlich Tom Hardy, der auch schon besser war, hier aber durchaus mit Spielfreude agiert. Seine erste Hauptrolle in einem potenziellen Franchise-Blockbuster meistert er mit Bravour, man hätte ihm dazu nur einen wesentlich besseren Film gewünscht.
Das Potenzial ist auch irgendwie immer noch da: Die Brutalität ist trotz einer FSK-12-Freigabe recht harsch, es fließt nur eben kein Blut. Der Wortwitz zündet immer wieder und am Ende wird auch recht ansprechend die Ausgangssituation für ein mögliches Sequel vorbereitet. Ob dieses kommen wird, muss abgewartet werden, denn im Gegensatz zum MCU, die mit "Iron Man" einen wesentlich stärkeren Startschuss setzten, ist das hier wesentlich deutlicher generische Blockbuster-Ware. Unterhaltsam, aber schnell wieder vergessen. Und das ist eigentlich weniger, als ein Superschurke (oder hier: Antiheld) wie Venom es verdient hätte.

Fazit: Tom Hardy meistert seine erste Blockbuster-Hauptrolle mit Bravour, der Film an sich überzeugt aber nur mäßig. Trotz sympathischem Witz fehlt ein zündender Funke - die Handlung gerät flach, die Figuren sind blass, die Action generisch. Ein sehr mäßiger Start für ein potenzielles Franchise.

Note: 3-







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