Ich bin, wie so viele Filmfans auf der Welt, ebenfalls der Meinung, dass im heutigen Hollywood einfach zu wenig Risiken eingegangen werden. Sicher, auch ich freue mich jährlich auf so manch einen neuen Franchise-Beitrag, ich liebe das Marvel Cinematic Universe (gut, dieses geht aber auch so manches Wagnis ein und fährt damit seit jeher erfolgreich) und bin generell ein Fan von großen Kinoreihen. Genauso sehr liebe ich aber auch die unbändige Kreativität, die kleinere Filme mitbringen können... leider finden solche Beiträge aber nur schwer Studios, die bereit sind ein solch schwer vermarktbares Risiko zu tragen. Manchmal schaffen sie es aber doch in die Kinos, bekommen dann nicht immer finanzielle Erfolge hin, sind aber immerhin ein großer Spaß. Ein solcher, wenn auch mit deutlichen Abstrichen, ist auch "American Ultra".
AMERICAN ULTRA
Mike Howell (Jesse Eisenberg) lebt im Grunde ein ganz normales, zwangloses Leben, um welches man ihn fast beneiden könnte: Er arbeitet in einem schlecht besuchten Supermarkt, kifft ohne Ende, leidet unter Panikattacken, wird dafür aber von seiner geliebten Freundin und Seelenverwandten Phoebe Larson (Kristen Stewart) aufgefangen, der er bald einen Heiratsantrag machen möchte. Was Mike jedoch nicht weiß: Er ist ein Experiment der Regierung, eine Art gezüchteter Mega-Soldat mit unglaublichen Fähigkeiten, der nun deaktiviert und ausgeschaltet werden soll. Durch einen Tipp kann Mike seine Exekution verhindern, wird aktiviert und setzt sich gegen seine Feinde zur Wehr.
Herrlich, ist das verrückt. Über den Plot, der sich über anderthalb Stunden entfaltet, sollte man besser nicht zu genau nachdenken, aber das ist auch nicht die Intention der Macher. In offenbar vollkommen verrücktem Wahnsinn werden hier die Genres der Kiffer-Komödie, des Agenten-Thrillers und des Rache-Actioners in einer Art und Weise vermischt, die man so auch noch nicht gesehen hat. Im Kern ist das zwar ebenso simpel wie bekannt (Nerd muss plötzlich sein gemütliches Leben aufgeben und wird unfreiwillig zu einer Art Held), dabei aber eben auch ungemein unterhaltsam, weil man sich nicht etliche Subplots auf die Schultern baut und somit Gefahr verbaut, Tempo einzubüßen. Und nein, diesen Fehler macht "American Ultra" sicher nicht, er tritt schon früh aufs Gas und nimmt den Fuß dann auch nicht mehr runter.
In den brutalen und überzogenen Actionszenen beweisen sich eine herausragende Kamera, die ganze Choreos als Plansequenz inszeniert und dabei nie den Überblick über das Geschehen verliert. Zudem agieren die Macher hier auch ungemein kreativ: In dem durchschnittlichen Thriller "The Equalizer" benutzt die Hauptfigur ebenfalls in der Umgebung herumliegende Gegenstände, um sich auf originelle Weise seiner Gegenspieler zu entledigen - was durch den zuvor sehr düsteren Touch dort aber unfreiwillig komisch wirkte, passt in "American Ultra" einfach perfekt ins Geschehen, da schon der gesamte Film so herrlich abgedreht ist... da darf man dann eben auch mal eine Bratpfanne, umfunktioniert als Kugelumleitung, zu einem Mord zweckentfremden. Die Macher wissen ganz genau, dass der Film nicht über seine simple und durchgedrehte Handlung funktionieren muss, sie verschwenden keinen Gedanken an Moral oder Überzeichnung... sie gehen eben einfach ihren geradlinigen Weg.
Daher stört man sich hier auch nicht an den blassen Antagonisten - wären sie besser ausgearbeitet, würden sie eh nur weitere Zeit stehlen, die man hier für die herrlich witzigen Dialoge und die krachende Action braucht. Und dann, bei aller Abgedrehtheit, bei all diesem verrückten Spaß, besitzt "American Ultra" sogar noch Herz: Der für "The Social Network" oscarnominierte Jesse Eisenberg und der ehemalige "Twilight"-Star Kristen Stewart, der mittlerweile eine erstaunlich vielfältige und originelle Rollenauswahl beweist, harmonieren als Traumpärchen. Beide spielen sich passend die Bälle zu, während Eisenberg hin und wieder ein wenig überzeichnet... was aber auch zu seiner Rolle passt. Stewart ist im direkten Vergleich wesentlich bodenständiger und bringt ab und an passende Ruhe ins Geschehen - sie und Eisenberg sind dabei zwei perfekte Pole, ungemein charmant und in ihrer Beziehungsgeschichte angenehm herzlich.
Dieses Zusammenspiel aus Wahnsinn, Witz und Herz erinnert dann beinahe an solch herrliche Werke wie "Kick-Ass" und "Kingsman" und generell atmet "American Ultra" auch die gleiche Luft... kommt dabei aber nicht an deren Qualität heran. Letzten Endes ruht man sich nämlich doch etwas deutlich auf dem Action-Mainstream aus, garniert diesen mit charmanten Charakteren, verpasst aber die Chance, einfach noch einen Schritt weiterzugehen. Das ist dann zwar noch immer unterhaltsam, aber eben (und das haben die beiden Vorbilder wesentlich besser hinbekommen) niemals wirklich spannend. Es ist spaßig, kurzweilig und temporeich... der letzte Funken fehlt dann aber doch.
Fazit: Abgedrehte Action-Komödie, bei welcher der Plot ein Mittel zum Zweck ist, um die sympathischen Figuren in ein wahres Feuerwerk zu werfen. Der Funke will gegen Ende, nach einem doch etwas schwächeren Finale, nicht ganz überspringen, dank den beiden Hauptdarstellern und einigen charmanten Ideen ist das aber doch ein ziemlicher Spaß.
Note: 3+
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